Der Wirtschaftsstandort Seestadt Aspern nimmt eine zentrale Rolle als regionales und innovatives Zentrum in einem dynamischen Lebens- und Wirtschaftsraum ein. Die Austrian Roadmap 2050 ist im Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Wien 3420 AG Gerhard Schuster und spricht mit ihm über die Seestadt als ein internationales Vorzeigeprojekt in Sachen Klimaschutz und nachhaltigen Smart City-Lösungen.

Roadmap 2050: Welche Rolle besitzt die Seestadt als neues regionales Zentrum in einem dynamischen Lebens- und Wirtschaftsraum?

Gerhard Schuster (Vorstandsvorsitzender Wien 3420 AG): Die Seestadt ist heute – wenige Jahre nach dem Baustart – Heimat von rund 9.000 Menschen und über 300 Unternehmen. Mehr als 4.000 Menschen arbeiten schon hier. Auf 240 Hektar entstehen insgesamt Wohnraum für über 25.000 Seestädter*innen und rund 20.000 Ausbildungs- und Arbeitsplätze. aspern Seestadt profiliert sich zunehmend als Zentrum für die Zukunftsbranchen Forschung, Entwicklung und nachhaltige urbane Produktion. Als Schulstandort sind wir bereits sehr gut aufgestellt, der universitäre Bereich folgt nun sukzessive, wobei die Privatuniversität Seeburg und Forschungsprojekte der TU Wien schon seit Jahren auf uns als Standort setzen.

Auch in der Lehrlingsausbildung zeigen wir groß auf – mit Wien Work ist ja schon seit mehreren Jahren ein sehr ambitioniertes, sozioökonomisches Projekt in der Seestadt aktiv. In wenigen Jahren kommt eine noch umfassendere Ansiedelung zu uns: Die neue Zentralberufsschule, die für die Ausbildung mehrerer tausend junger Menschen geplant ist.

Darüber sind wir sehr stolz auf unsere hervorragende medizinische Versorgung und auf weitere Infrastrukturen wie VHS, Kulturorte, Jugendzentrum, Bücherei oder wienXtra Stadtbox sowie diverse Sportangebote.

RM: Die Seestadt ist ein internationales Vorzeigeprojekt in Sachen Klimaschutz und nachhaltigen Smart City-Lösungen. Sind diese innovativen Projekte auch in der Stadt Wien vereinzelt umsetzbar?

GS: Mit den smarten Energiekonzepten insbesondere der Aspern Smart City Research (ASCR), besonders klimaschonenden Gebäudestandards samt Daten zum Ressourcenverbrauch, unseren Kooperationen mit den Innovationslabor „Digital findet Stadt“ im Bau- und Immobilienbereich bzw. dem aspern.mobil LAB in Sachen innovativer Mobilität oder der Schwammstadt als intelligentes Bewässerungssystem für den Baumbestand im gesamten Norden der Seestadt erhalten wir grundlegende Erkenntnisse, die in weiterer Folge auch in anderen Ansiedlungsprojekten in der Stadt Wien sicherlich umsetzbar sind.

Unsere „gemanagte Einkaufsstraße“, mit der wir ab Beginn der Besiedelung einen mit der Seestadt mitwachsenden Nahversorgungsmix bereitstellen konnten, wird auch international als besonders mutige und gelungene Strategie gesehen. Statt auf eine Shopping Mall am Rand, die zusätzlichen motorisierten Verkehr generiert, setzen wir auf überregional gut erreichbare, attraktive Flanierzonen im Stadtteil.

Foto ©Luiza Puiu

RM: Die Seestadt ist per se ein Klimaschutzprogramm. Können Sie diese Tatsache anhand von Beispielen in der Seestadt genauer erläutern?

GS: In dem Zusammenhang möchte ich auf den ganz großen Hebel im Klimaschutz hinweisen, der viel zu wenig beachtet wird. Moderne, kompakte Stadtentwicklung entlang von gut ausgebautem öffentlichem Verkehr, mit einer sinnvollen urbanen Dichte und hohen Qualitätsstandards im Energie- und Gebäudebereich ist die nachhaltigste städtische Strategie. Der Ressourcenverbrauch ist unschlagbar. Ein einfaches Beispiel: Allein der Flächenverbrauch, also die für Wohnen, Straßen und Wege, Infrastrukturen etc. versiegelte Fläche pro Bewohner*in, liegt in der Seestadt bei deutlich unter 60m². Im Wiener Durchschnitt sind es 100m², was sehr gut ist. In manchen ländlichen Regionen kommt man jedoch auf über 1.000m². Wir sind also die beste Lösung, um unnötigen Pendler- und Transport-Kilometer zu vermeiden, die anfallen, wenn die Siedlungsentwicklung aus der Stadt in den Speckgürtel wandert.

Und wir wollen neue Benchmarks schaffen: Als Urban Lab der Smart City Wien punktet die Seestadt mit anspruchsvoller Architektur, effizienten Energiekonzepten und hochwertigen Freiflächen im öffentlichen Raum. Wir bauen buchstäblich eine Stadt der kurzen Wege: Die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes oder der Schule, der Einkaufsstraße oder von Sport- und Freizeiteinrichtungen soll einfach und komfortabel sein – ob zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Unser Mobilitätskonzept fördert erfolgreich den Umstieg vom Auto auf klimaschonende Mobilität. Mit großzügigen Fuß- und Radwegen, einem heute schon hervorragend ausgebautem Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, mehreren Sammelgaragen statt Parkplätzen auf der Straße oder auch Gratisleihrädern nähern wir uns sukzessive dem angepeilten Modal Split von 40% Fuß- und Radverkehr, 40%  ÖV und 20% MIV.

Wichtig ist mir auch unsere wirklich einzigartige Kreislaufwirtschaft am Bau – mit der unmittelbaren Wiederverwertung von Aushubmaterial samt kurzer Transportwege. Allein mit vorausschauendem Massenmanagement und Recycling, das uns auf der Baustelle schon hunderttausende LKW-Fahrten erspart hat, haben wir bisher mindestens 6.000 Tonnen CO2 eingespart.

„Wien wächst – und das soll so nachhaltig wie möglich erfolgen.“ – Gerhard Schuster, Wien 3420 aspern Development AG, Foto ©SimShot

RM: Die Seestadt verspricht, dass sich hochwertiger und leistbarer Wohnraum miteinander vereinbaren lassen. Wie ist das möglich?

GS: Mit strengen Qualitätsvorgaben, Bauträger- und Architekturwettbewerben und der Begleitung durch den interdisziplinären aspern Beirat involvieren wir uns und geben die Richtung vor. Wohnen in der Seestadt hat von der Eigentums- bis zur Mietwohnung in allen erdenklichen Größen viele Facetten. Manche Bauträger ermöglichen ihren künftigen Bewohner*innen auch, ihre Wohnformen an die individuellen Bedürfnisse anzupassen und in mehreren Baugruppen planen und gestalten die Hausgemeinschaften selbst.

Gemeinschaftsräume, Urban-Gardening-Angebote oder Swimmingpools, wo man sich mit den Nachbarn austauschen und gemeinsame Aktivitäten nachgehen kann, werden immer mehr. Alle Wohnungen sind hochwertig ausgestattet und praktisch jede besitzt entweder Balkon, Terrasse oder Garten. Im neuen Quartier „Am Seebogen“, das wir auch gemeinsam mit den Expert*innen der IBA_Wien 2022 – der internationalen Bauausstellung zum Thema neues soziales Wohnen – in einer mehrjährigen Quartierswerkstatt begleitet haben, werden neue Konzepte getestet: Von innovativen Ansätzen zur Verbindung von Wohnen und Arbeiten bis zu Bauformen, die mehr Flexibilität, Individualität und Leistbarkeit bringen sollen.

RM: Die Seestadt verbindet die gewachsenen Ortsteile und die neuen Stadtentwicklungsgebiete mit ihren Infrastrukturen. Welche Idee wird dahinter verfolgt und welche Entwicklungen sind dadurch in den nächsten Jahren zu erwarten?

GS: Wien wächst – und das soll so nachhaltig wie möglich erfolgen. Daher kommt die Idee der Donaustädter Entwicklungsachse entlang der U2- bzw. Bahnlinie, an der hochwertiger Wohnraum, viele Arbeitsplätze und andere urbane Angebote entstehen können. aspern Seestadt war immer als neues regionales Zentrum im Nordosten Wiens konzipiert. Deshalb wurde auch der Verkehrsknoten Aspern Nord so großzügig mit Umsteigebahnhof, etlichen Buslinien und zwei Straßenbahnen geplant. In Summe werden wir der Stadtteil mit kurzen Wegen, zukunftsfitten Unternehmen, Green Jobs und vielfältiger Infrastruktur, der sowohl den historisch gewachsenen als auch den zukünftigen Stadtteilen dient.

RM: Das innovative Mobilitätskonzept der Seestadt ist nicht nur optimal an das Wiener Öffi-Netz angebunden, sondern fördert auch erfolgreich den Umstieg vom Auto auf klimaschonende Mobilität. Ist smarte Mobilität und gut ausgebaute Infrastruktur problemlos miteinander zu vereinbaren?

GS: Ich persönlich denke ja, und wir treten mit der Seestadt diesen Beweis an. Das belegen auch erste Statistiken, denn die Motorisierung der Seestädter*innen entspricht jener der Innenstadt mit ca. 250 PKWs pro 1.000 Einwohner*innen bzw. 0,58 PKWs pro Haushalt. Zudem kommen täglich 200 U-Bahnen in der Seestadt an. Unser Mobilitätskonzept klammert das Auto nicht aus, aber es bevorzugt klar den öffentlichen sowie Fuß- und Radverkehr. Und es ist kein Geheimnis, dass die U2 bereits in die Seestadt fuhr, als es diese praktisch nur am Plan gab. Außerdem unterstützen wir Sharing-Konzepte aller Art: Von unserem selbstfinanzierten, kostenlosen Leihrad-System bis hin zu unterschiedlichsten Car-Sharing-Angeboten.

Foto ©Luiza Puiu

RM: Ein großer Wohn- und Wirtschaftsstandort wie das große Zielgebiet U2 Donaustadt mit mehreren Stadtentwicklungsgebieten braucht zum öffentlichen Verkehr auch eine sichere, leistungsfähige Straße. Nur so können sich Betriebe gut angebunden innerhalb der Stadt ansiedeln und die fehlenden Arbeitsplätze schaffen. Gibt es hierzu schon konkrete Pläne für die Zukunft?

GS: Die Donaustadt bleibt der am stärksten wachsende Bezirk Wiens und es braucht schon lange eine Anbindung an das höherrangige Straßennetz beziehungsweise eine leistungsfähige Ost-West-Querung. Man darf auch nicht vergessen, dass die Seestadt und andere Stadtentwicklungsprojekte überhaupt erst geplant wurden, weil bereits eine ausbaufähige Bahnverbindung bestand, weil die U-Bahn hier fahren kann und nicht zuletzt deshalb, weil die Straßenprojekte schon längst in der Planungsphase waren. Nur so können die historisch gewachsenen Ortskerne entlastet und zusätzliche Platzangebote für die neuen Straßenbahnen oder Radwege geschaffen werden.

Trotz des wachsenden ÖV-Angebots kann man aber einfach nicht ignorieren, dass die stark steigende Bevölkerungsdichte und der Transportbedarf ansässiger und zukünftiger Betriebe für zusätzlichen motorisierten Verkehr sorgen werden. Die Donaustadt – die allein aufgrund ihrer Bevölkerungszahl eine der größten Städte Österreichs wäre – leidet heute darunter, dass ihr Straßennetz weitgehend aus einigen wenigen historischen Dorfstraßen besteht. Effizientere Verbindungen werden helfen, die täglichen Staus zu reduzieren, enorme Umwege einzusparen und somit auch den CO2-Ausstoss zu drosseln.

RM: Der Wirtschaftsstandort sieht vor, unter anderem Green Jobs und zukunftsfitte Unternehmen anzusiedeln. Gibt es hierfür schon konkretere Details?

GS: Es war von Anfang an unser Bestreben, nachhaltige und zukunftsorientierte Branchen in der Seestadt anzusiedeln. Die Bandbreite bei unseren heute über 300 Betrieben reicht von Wiens größtem gemeinnützigen Ausbildungsbetrieb Wien Work bis zum internationalen Technologiekonzern HOERBIGER. Im Augenblick siedeln sich mit Biomay und HOOKIPA zwei expandierende Biotech-Unternehmen an. Im und rund um das Technologiezentrum Seestadt der Wirtschaftsagentur Wien findet sich eine Vielzahl von Hightech-Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups. Mit dem Business Technology + Innovation Center von Atos, der Kapsch Digital Factory, dem Austrian Center for Digital Production (acdp) oder dem internationalen Manufacturing Hub des European Institute of Technology (EIT) – um nur einige Highlights zu nennen – ist die Seestadt beim Thema Digitalisierung ganz vorne dabei. Zudem ist mit der ASCR bereits ein erfolgreicher Innovationstreiber der Energiewelt vor Ort.

(red)

Über Wien 3420 aspern:

Die Wien 3420 aspern Development AG entwickelt eine Stadt, in der bis in die 2030er Jahre mehr als 25.000 Menschen wohnen werden und über 20.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze entstehen. Gemeinsam mit ihren Partnern koordiniert die Entwicklungsgesellschaft den Städtebau und den Ausbau der Infrastruktur in der Seestadt. Das multidisziplinäre Team bringt vielfältige Erfahrungen ein und ist Sparringpartner für Investoren, Bauherren und Unternehmen.

Die Wien 3420 AG ist dafür verantwortlich, dass Sie in der Seestadt alles vorfinden, was einen modernen Wirtschaftsstandort ausmacht. Vom leistungsfähigen Verkehrsnetz bis hin zur kompletten Nahversorgung, bestens erschlossenen Grundstücken und einem aktiven Netzwerk innovativer Unternehmen und Institutionen.

Mehr unter https://www.aspern-seestadt.at/

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