Wiener Linien, Holding Graz und ÖBB einig: Arbeitskräftemangel ist Schlüsselherausforderung für den öffentlichen Verkehr

Der gesellschaftliche Wandel und Trends verändern das Mobilitätsverhalten und damit auch die Anforderungen an das Verkehrssystem. Vor welchen Herausforderungen stehen die großen Mobilitätsunternehmen? Mehr denn je ist die Frage nach Mitarbeiter:innen zur Schlüsselaufgabe geworden.

Gemeinsam mit der Holding Graz und den Wiener Linien als Veranstaltern beleuchtete die Austrian Roadmap2050 mit führenden Expert:innen die Anforderungen der kommenden Jahre an Österreichs Mobiltätsinfrastruktur.

“Herausforderungen für den öffentlichen Verkehr”

Das erste Panel war sozusagen die „Elefantenrunde“ von lange in der Infrastruktur tätigen Unternehmen, die täglich mit großer Verantwortung im öffentlichen Verkehr für die Mobilität von vielen Millionen Österreicher:innen sorgen.

Die beiden größten Städte des Landes wurden durch Alexandra Reinagl, CEO der Wiener Linien und Wolfgang Malik, CEO der Holding Graz vertreten. Dazu begrüßte Moderator und Roadmap Gründer Nikolaus Pelinka die Vorständin der ÖBB Infrastruktur Silvia Angelo.

Hier einige Zitate aus dem Panel, bei dem der Wert des Arbeitsplatzes im Vordergrund stand, aber auch das Thema Technologie und die Potentiale der Industrie in Europa betrafen:

Zum Thema Arbeitsplatz im öffentlichen Verkehr:

Alexandra Reinagl:

„Lasst uns über Fachkräfte reden, nicht nur über Antriebstechnologien!“

„Das Thema der Arbeitskraftressource geriet in den Diskussionen der Infrastruktur in den letzten Jahren im Hintertreffen, weil die Diskussionen meistens nur um Antriebstechnologie geht. Der Fachkräftemangel ist sehr groß: Die Unternehmen werden im Regen stehen gelassen, was die Grundausrüstung von Menschen für einen Arbeitsplatz im Verkehrsbereich betrifft. Deswegen haben wir zahlreiche Programme, die –  so erstaunlich es kling -, beim sinnerfassenden Lesen beginnen.

Wir sind ein 24/7 Anbieter: Die Menschen, die zu uns kommen, müssen sich dessen bewusst werden. Wir greifen wir zu den besten HR Maßnahmen – individuell an das jeweilige Berufsbild im Getriebe der Wiener Linien angepasst.“

 

 

Wolfgang Malik:

Das Umdenken seit Corona in Richtung Teilzeit ist eine sehr große Herausforderung!“

„Unsere  Antwort auf die neuen Work Life Balance Erwartungen ist ein Incentivierungsprogramm als Teil unserer HR Maßnahmen, z.B. Jahreskarten für den Verkehrsverbund.

Wir erarbeiten gerade eine neues Employer Branding Programm, das beginnt ganz simpel mit Deutschkursen für neue Grazer:innen. Wir versuchen mit vielen Mitteln ein Arbeitgeber mit Weitsicht zu sein.

Dennoch: Das Problem an Arbeits- und Fachkräftemangel ist nicht kleinzureden, ebenso das der Grundeinstellung zu einem Beruf im öffentlichen Verkehr: Jobs im 24/7 Betrieb sind halt anders und erfordern besonderes Engagement.“

 

 

Silvia Angelo (ÖBB Infrastruktur):

Bildung verstärken und Zuwanderung außerhalb der Polemisierung betrachten“

„Wir haben keinen Arbeitskräftemangel, sondern einen Fachkräftemangel. Wir haben unter anderem eine künstliche Knappheit geschaffen, weil es über die Jahre nicht gelang, Frauen in MINT-Berufe zu bringen.

Die einseitige Zuwanderungsdiskussion unterdrückt komplett die Notwendigkeit, Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren, die einen Beitrag leisten wollen.“

Die Lieferfähigkeit der Industrie weist einen Rückstand auf

Eine weitere Hürde, die es zu nehmen gilt, was den Schienen-, Tram- und Busverkehr betrifft, sind die Fahrzeuge, seien sie E – getrieben oder mit Wasserstofftechnologie, die ebenfalls große Chance in der CO2 Reduktion bietet. Dazu weitere Statements des Panels:

 

Alexandra Reinagl (Wiener Linien):

„In Europa fehlt der Industrie auch oftmals die Lieferfähigkeit in relevanten Größen um den Hebel umzulegen. Wir stehen nicht 5 vor 12, was die Erreichung der gesetzten Ziele betrifft, sondern 1 vor 12 oder gar schon bei 12 Uhr“

Wolfgang Malik (Holding Graz):

„Wir haben täglich 200 Busse im Einsatz, unser Wasserstoffprojekt ist auch ein Vorreiter für andere Städte. Die Vernetzung mit Car Sharing ist in Graz gut angekommen. Ich pflichte meinen Kolleginnen im Panel bei: Der technologische Nachschub in einer relevanten Anwendungsgröße aus Europa hat Rückstand.“

Silva Angelo (ÖBB Infrastruktur):

Die Investitionen der ÖBB bewegen sich in sehr großen Budgets, dennoch sind wir im Lieferfokus der Industrie nur „Zweiter“ gegenüber großen Staaten.

Die europäische Industrie hat ganz einfach einen Rückstand an technischer Lieferfähigkeit.

Panel 2, „Innovative Mobilitätskonzepte und digitale Helfer“ startete mit folgenden hochkarätigen Gästen, moderiert vom neuen Plattform Chef und Herausgeber der Austrian Roadmap2050, Nikolaus Hutter.

  • Daniel Fuchs-Bauer, Head of Public Policy & Business Development ACH-CEE, TIER Mobility
  • Gregor Eckhard, Chief Operating Officer, Easelink
  • Farhad Shikhaliyev, Country Manager, BOLT Austria

Diese drei Unternehmen sind zusammen 22 Jahre alt, entstanden aus der neuen Motorisierung und/oder der Digitalisierung. Uns interessierte: Wie abhängig sind sie in ihrem Erfolg von den Unternehmen in der Mobilität, die es seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten gibt und was ist Ihre Core-Idee, mit der Sie Mobilitätswende vorantreiben möchten? Ebenso stellten wir die Frage nach dem Status der Unternehmen zum Thema Arbeitswelt:

Daniel Fuchs-Bauer (TIER Mobility):

„Ich wurde vom Autopendler zum Zugfahrer. Die Lösung des Scooters für die letzte Meile ist nicht nur CO2 sparend, sondern bedeute auch einfach Spaß beim Fahren und an der Mobilität in der Stadt! Das ist das wahre „User Centric Design“.

Europa ist im Bereich der geteilten Mikromobilität ein Vorreiter: Ein wenig Zwang ist oft notwendig, um technologischen Fortschritt zu erreichen.

Europa´s Städte werden führend bei der Anwendung der E Mobilität sein“.

Zum Thema Arbeitskräfte:

„White Collar haben wir keine Probleme, bei den „blue collars“ sehr wohl – eine Vollbesetzung im Service wird immer schwieriger. – Auch das Halten solcher Kräfte“

Farhad Shikhaliyew (BOLT):

„Die Zukunft ist keine „schon oder nicht Auto“ Entscheidung, sondern die Lösung heißt gescheite Intermodalität. Wir glauben, dass die Zukunft einst ohne eigenen Autos stattfinden wird.

In meinen 4,5 Jahren bei Bolt habe ich in Ö 6 Gesetzesänderungen erlebt. Das Gewerbe ist überreguliert. Angebot und Nachfrage sollten den Wettbewerb tragen, aber nicht die Überregulierung. Bei Wiener Taxiprüfungen werden im Zeitalter von Google Maps und GPS immer noch Sackgassen abgefragt.

Die größte Herausforderung an die Gesellschaft: man muss sich vom eigenen Auto verabschieden können. BOLT kann einen Beitrag leisten, die Städte durch weniger CO2 Ausstoß zu einem lebenswerten Platz zu machen.“

Zum Thema Arbeitsplatz:

„Wir haben weltweit 260 Stellen in der Organsiation ausgeschrieben. Wir haben uns durch die Business Idee bei den Mitarbeitern und Aspiranten durchgesetzt: Sie sind Teil einer Veränderung, die das Leben besser macht.“

Gregor Eckhard (Easelink):

„Wir sind wirklich ein Link zwischen den Industrien , wir sind ein kleiner Beitrag, die Industrie als Ganzes zu modernisieren. Wir bauen die Ladeplatte in die Straße oder in Carport, haben aber auch schon im öffentl. Bereich geplant. Da mussten wir uns mangels an Normen an der Kanaldeckelnorm für die Überfahrt orientieren

Der entscheidende Step in die Zukunft sind Smart Grids – automatisches Laden ist nicht einseitig, sondern stehende Fahrzeuge sind auch in ihrer Gesamtheit Kraftwerke und Stromspender

User Centric Design ist durch Tesla in der Industrie angekommen. Wir lassen das Thema Laden durch Automatisierung verschwinden, das ist wahres User Centric Design“

Zum Thema Arbeitsplatz und Standort:

„Graz: „Do bin i her, do g´her I hin“: es ist ein idealer Standort, unser Ursprung und Heimalt vieler MINT Student:inne und Talenten

Fragen nach Work Life Balance sind nervend, wir müssen auch „hineinarbeiten“, um den Wohlstand für die Zukunft zu halten.“

Schlussendlich fragten wir bei allen Teilnehmer:innen noch einmal Titel getreu nach, wie denn die Mobilitätswende  gelingt, es galt ein Bulletpoint als Antwortvorgabe:

Alexandra Reinagl : Mehr Mut und Geschwindigkeit

Malik: Eine lieferfähige Industrie

Silvia Angelo:  Kostenwahrheit bei der Straße 

Farhad Shikhaliyew BOLT: Eine Vielfalt an Optionen & Intermodales Denken 

Daniel Fuchs Bauer TIER: 100 / 80 / 30

Gregor Eckhard Easelink: „Open Mindset“ und Mut zur Veränderung

Aftershow am 20. Juni:  Die TUtheSky Location hat sich zu einer Art „Signature Location“ für die Austrian Roadmap2050 entwickelt. Mit Blick über die Bundeshauptstadt im 11. Stock des TU Towers in der Lehargsee diskutierten dann die rund 120 Gäste der „Roadmap“ noch in den beginnenden Abend mit Blick über die Stadt

Willkommen in der Zukunft.
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