Nicht bessere und innovativere Angebote für Autofahrer bringen eine Verkehrswende, sondern jene für Fußgänger, Radfahrer und Benutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln. Davon ist Verkehrsexperte Günter Emberger überzeugt.

Die Mobilität der Zukunft soll nachhaltig, vernetzt und intelligenter sein – steht eine Verkehrswende kurz bevor?

Günther Emberger Es gibt einen Hype zu den Themen Elektromobilität, automatisiertes Fahren und Carsharing. Das sind jedoch alles Maßnahmen für die motorisierte, individuelle Mobilität. Fußgänger und Radfahrer spielen da kaum eine Rolle. Das verwundert mich. Denn nur, wenn man die aktiven Mobilitätsformen fördert, kommt man Richtung umweltfreundlicher, nachhaltiger Mobilität. Wenn man nur gute Angebote fürs Autofahren macht, wird man die Probleme nicht lösen
können.

Was sind die Probleme, die Sie derzeit sehen?

Wir müssen fossile Treibstoffe einsparen, weil sie zur Neige gehen und die Abhängigkeit von anderen Staaten dadurch hoch bleibt. In Deutschland toben Skandale mit den gefälschten Diesel-Abgasmessungen. Die EU-weiten Grenzwerte der Emissionen werden nicht erreicht werden, weil einfach geschummelt worden ist. Auch der Lärm bleibt ein Problem.

Und eine Sache, die man mit keiner dieser neuen Mobilitätsformen lösen wird, ist das Platzproblem. Österreich ist Weltmeister im Versiegeln von Flächen – rund 20 Hektar pro Tag, das entspricht rund 30 Fußballfeldern, werden täglich verbaut. Das sind wichtige Faktoren für die Zukunft, denn der Klimawandel findet statt.

Meiner Meinung nach ist das automatisierte Fahren sehr industriegetrieben, weil sich die Hersteller neue Geschäftsfelder erwarten. Lösungen für einen umweltverträglichen Verkehr sind aber der öffentliche Verkehr, Radfahren sowie zu Fuß zu gehen.

Könnte die Forschung und Entwicklung den Umschwung beim öffentlichen Verkehr unterstützen?

U-Bahnen können bereits automatisch fahren, es wird über automatisierte Busse im ländlichen Raum diskutiert. Trotzdem ist noch ein weiter Weg zu gehen. Meiner Meinung dauert das noch 15, 20 Jahre, bis das auf der Straße stattfindet. Denn sobald der automatisierte Verkehr im Mischverkehr unterwegs ist, also mit normalen Autos und Fußgängern, funktioniert er
nicht mehr.

Wir müssen fossile Treibstoffe einsparen, weil sie zur Neige gehen und die Abhängigkeit von
anderen Staaten dadurch hoch bleibt.

Es gibt die Vision von autofreien Städten. Wie realistisch ist diese?

Wir Menschen können die Zukunft gestalten. Die Vision ist also durchaus realistisch, dazu braucht es aber Politiker, die das wollen, und man muss anfangen, die Konzepte zu entwerfen. Man könnte den Verkehr auf fünf bis zehn Prozent der heutigen Menge reduzieren, also nur notwendige Fahrten wie Rettungsfahrten, Lieferungen oder Behindertentransporte durchführen, der Rest ist Luxus. Es gibt Beispiele für autofreie Zonen mit hoher Lebensqualität und hoher Mobilität, etwa der erste Bezirk in Wien und Fußgängerzonen.

Erkennen Sie Maßnahmen, die eine Weichenstellung ermöglichen?

Wien hat den laufenden Trend zu mehr Autoverkehr gebrochen und es geschafft, die Verkehrsmittelwahl hin zum öffentlichen Verkehr zu lenken. Am Land draußen sehe ich das noch nicht. Die Menschen steigen um, wenn man ihnen gute Rahmenbedingungen bietet. Es gibt zwei Möglichkeiten, den Menschen aus dem Auto zu helfen: Entweder mit finanziellen Anreizen wie günstige ÖV-Tickets, oder man macht das Einfahren in Städte oder das Parken in den Ortszentren kostenpflichtig, wie etwa in Salzburg. Dadurch wächst der Druck, den öffentlichen Verkehr auszubauen.

Welche Strategie empfehlen Sie?

Wir müssen unser Leben auf allen Ebenen entschleunigen. Das verbraucht weniger Ressourcen und gibt uns Zeit, nachzudenken, das System richtig zu verstehen und dann zu agieren, statt nur zu reagieren.

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