
Er ist CEO der PORR und gilt bei Branchenkennern als Vordenker: Karl-Heinz Strauss im Gespräch über die Zukunft der Bauwirtschaft und wie Österreich das Infrastrukturvorzeigeland Europas werden kann.
Wie wird die Bauwirtschaft der Zukunft aussehen?
Karl-Heinz Strauss Wenn ich an eine Baustelle denke, sehe ich geschäftiges Treiben. Ich sehe Kräne und Menschen. Das wird auch künftig so sein. Was sich verändert, sind die elektronischen Workflows dahinter. Prozesse, Dienstleistungen, Technologien: alles wird digital.
„BIM“ ist derzeit in aller Munde. Zu Recht. Denn BIM macht Bauvorhaben schneller, effizienter, kostengünstiger und transparenter. BIM vereint Bauherrn, Projektteams und alle Partnerfirmen, strukturiert und standardisiert Prozesse und unterstützt den permantenten Austausch – von der Projektidee über den Bau bis hin zum Betrieb.
Dieses integrierte Arbeiten macht neue Kommunikationswege nötig. Virtuelle Projekträume, die alle Beteiligten verbinden. Und Software-Anwendungen, die über die Cloud jederzeit verfügbar sind. Denn mobiles Arbeiten wird künftig das Bild unserer Baustellen prägen.
Parallel dazu werden digitale Workflows die Schlagkraft der Bauindustrie erhöhen. Die Verknüpfung relevanter Projekt- und Unternehmensdaten zu aussagekräftigen Entscheidungsgrundlagen – die aktive Steuerung durch Business Intelligence sozusagen – geht damit Hand in Hand.
Ich sehe die Digitalisierung als große Chance für die Bauindustrie. In der PORR sind wir am besten Weg zur digitalen Baustelle.
Was bedeutet das konkret: Wo liegen bei Ihnen in der PORR aktuell die Schwerpunkte in Sachen Digitalisierung?
Das Thema ist bei uns Chefsache. Wir haben derzeit ein umfassendes Projekt zur Prozessoptimierung laufen: die Roadmap 2020. Eine Strategie zur Digitalisierung der Baustellen und Arbeitsabläufe, von der alle Stakeholder profitieren. Künftig werden sämtliche Prozesse in der PORR weitgehend digitalisiert, großteils papierlos und somit effizienter sein. Für die Roadmap 2020 zeichnet ein eigenes Team verantwortlich. In enger Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertreten aus unterschiedlichsten Bereichen sollen die großen Themen bis Ende 2018 realisiert werden.
Abgesehen von internen Maßnahmen beschäftigen wir uns natürlich intensiv mit BIM. 2011 haben wir es zum ersten Mal eingesetzt. Wir arbeiten mittlerweile nicht mehr in drei, sondern in fünf Dimensionen – inklusive Zeit und Kosten. Und wir haben vor kurzem unsere Baumaschinen digitalisiert. Das war ein wichtiger Schritt zu größerer Flexibilität in jeder Hinsicht.
Mittlerweile sehen wir auch schon positive Auswirkungen. Kosteneinsparungen, verbesserter Informationsfluss, kürzere Entscheidungsphasen, Fehlerminimierung: Das alles sind Vorteile, die wir jetzt schon spüren.
Wenn ich an eine Baustelle denke, sehe ich geschäftiges Treiben. Ich sehe Kräne und Menschen.
Das wird auch künftig so sein. Was sich verändert, sind die elektronischen Workflows dahinter.
Was muss Österreich tun, um im Jahr 2050 Infrastrukturvorzeigeland Europas zu sein?
Abgesehen davon, dass wir immer am neuesten Stand der Technik sein müssen? Wir müssen vor allem bauen.
Wir brauchen raschere Entscheidungen und mehr Flexibilität. Das beginnt bei Projektgenehmigungen und reicht bis zur Umsetzung. Aktuell erfahren Genehmigungsverfahren endlose Verzögerungen und verursachen enorme Kosten. Beim Bau werden Bauausführende zu reinen Erfüllungsgehilfen. Die Ausschreibungen mit ihren starren Regelungen lassen keinen Handlungsspielraum. Fatal, wenn sich während eines Projekts Veränderungen ergeben, die rasche, innovative Lösungen erfordern.
Und wir brauchen Vertrauen: Vertrauen der Auftraggeber in die Bauindustrie, dass sie Großprojekte qualitätsvoll, zeitgerecht und im Budget realisiert. Und Vertrauen der Bauunternehmen in die Auftraggeber, dass sie Entscheidungen rasch treffen und ihre Teams mit entsprechenden Managementfreiheiten ausstatten. Dazu brauchen wir die Politik, die für ein geeignetes Umfeld sorgt.
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