E-Mobilität ist das Gebot der Stunde – und in aller Munde. Die E-Nachfrage in Österreich steigt in Hinblick auf Klimakrise und Pariser Abkommen. Austrian Roadmap 2050 blickt hinter die Kulissen und sprach mit dem Innovations-Experten Maximilian Scherr, Partner bei der renommierten Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little. Im Rahmen seiner Studie für den Infrastrukturreport 2021 hat er mit seinem Team die aktuelle Lage der E-Infrastruktur unter die Lupe genommen

Die aktuellen Zahlen belegen, dass der Verkehr den größten Anteil am CO2-Fußbabdruck hat. Will Österreich die Zielvorgaben der EU erreichen und die Schadstoffemissionen bis 2030 um 55 % reduzieren, muss genau hier der Hebel angesetzt werden. Aus dem Infrastrukturreport 2021 geht hervor, dass die Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr stetig zunehmen: „Im Jahr 2019 emittierte dieser Bereich einen neuen Rekordwert von 23,9 Mio. Tonnen CO2. Dies entspricht mehr als einer Verdoppelung seit 1990. “ Pkws sind hierbei die größten „Sünder“ mit 15,1 Mio. Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr in Österreich.

© Arthur D. Little

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als beste Alternative zu Benzin- und Dieselmotoren wird hierzulande vor die Elektromobilität gehandelt. Allerdings steht die vollständige Umstellung des österreichischen Fahrzeugbestands vor Herausforderungen. Eine davon ist die Ladeinfrastruktur. Maximilian Scherr erklärt: „Bei all dem Hype der momentan entsteht, ist der Stand der E-Mobilität in Österreich nach wie vor ausbaufähig. Was letztendlich fehlt, ist der Zugang zur Ladeinfrastruktur.“ Im europäischen Vergleich nehmen die Niederlande und Schweden hier die Vorreiterrolle ein. Die Politik dieser Länder setzte hinsichtlich E-Mobilität internationale Standards. In Österreich wurden mit der Abschaffung der NoVA und diverser Förderungen bereits Anreize geschaffen. Der Infrastrukturreport stellt allerdings fest, dass man beim Ausbau der Ladeinfrastruktur noch hinterherhinkt. Scherr zieht deshalb die Euphoriebremse an: „Wir reden hier von ganz anderen Verhältnissen. Wir sind Welten davon entfernt. Deswegen sollten wir immer ein bisschen vorsichtig sein, wenn sich die Menschen freuen, dass Österreich nicht ganz so schlecht abschneidet und die Ladestationenquote erreicht hat. Das ist die Mindestanforderung, das ist gut. Aber nach vorne hinaus reicht es nicht. Kurz und knapp gesagt: Das ist wie ein Pflänzchen, das wirklich noch wachsen muss.“

Anzahl der öffentlichen Ladepunkte müsste bis 2030 verzehnfacht werden

Damit aus besagtem Pflänzchen tatsächlich ein Wald entsteht, müsse laut Report die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte bis 2030 verzehnfacht und „die Menge an DC-Schnellladepunkten massiv ausgebaut werden.“ Investitionen in der Höhe von 850 Mio. Euro sind bis 2030 dafür notwendig, die vom öffentlichen und vom privaten Sektor getragen werden müssen. Beispiele aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden werden angeführt, wie heimische Interessen durch öffentlich-private Kooperationen sichergestellt werden können. Scherr wirft die Frage auf: „Wir haben in Österreich hohe Investitionen, es ist ein Riesengeschäft. Lässt man einen Wildwuchs zu – jeder kann eine Ladestation zur Verfügung stellen und es gibt verschiedene Abrechnungsarten? Sorgen die zentralen österreichischen Player für ein einheitliches Netz einer intelligenten Ladeinfrastruktur?“, diese Fragen gilt es laut Scherr zu beantworten. Der Experte nimmt diesbezüglich die Politik in die Pflicht: „Man kann entweder hier die einzelnen Unternehmen fördern und sie machen lassen, oder als Staat proaktiv handeln.“

© Arthur D. Little

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Umstellung zu elektrischen Antriebsalternativen muss der Gesellschaft erleichtert werden

Im Zuge einer stabilen österreichischen Eigentümerinfrastruktur könne laut Arthur-D.-Little-Prognose eine gezielte Betätigung dieser beiden Hebel Österreich bis 2030 mehr als eine Million Elektrofahrzeuge auf die heimischen Straßen bringen. Dies entspricht bis 2040 einer Reduktion von knapp 50 Millionen Tonnen an Schadstoffemissionen. Scherr betont: „Wir machen es aktuell den Leuten, die bequem sind, noch zu einfach bequem zu sein und nicht mit Strom zu fahren.“ Einen zusätzlichen Antrieb für die Umstellung auf E-Mobilität oder Alternativen wie Wasserstoff könnte die Corona-Pandemie leisten: Personen, die aufgrund gesundheitlicher Bedenken lieber den Pkw nutzen, müsse der Umstieg auf elektrische Antriebsalternativen erleichtert werden. Scherr: „Es gibt ja auch Diskussionen, ob man den Verbrennermotor ganz von der Straße nimmt. Am Ende des Tages wird es auch notwendig sein, auf der Seite nachzuhelfen. Machen wir uns nichts vor. Auch wenn bei Neuzulassungen der Anteil an E-Autos weiter steigt: Bis wir eine richtig hohe Quote hier haben, vergehen Jahrzehnte. Das hilft uns nicht genug für das Klima.“ Dass Infrastrukturinvestitionen und Klimaschutz sehr wohl kombinierbar sind, ist für den Innovationsexperten keine Frage: „Man muss bewusst die Bereiche suchen, in denen die Infrastrukturinvestments wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – wie zum Beispiel die Ladeinfrastruktur. Es müssen sowohl gesellschaftliche als auch klimaschutzrelevante Investitionen sein.“

© Arthur D. Little

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neben der E-Mobilität kommt man auf dem Weg zu den Klimazielen nicht am Ausbau der Breitband-Infrastruktur und der Schließung der „digitalen Lücke“ zwischen Stadt und Land vorbei. Scherr bringt es auf den Punkt: „Wir entscheiden de facto hier auch über die Zukunft unserer Kinder. Wenn Homeschooling in Zeiten wie diesen nicht funktioniert, dann beginnt das Leben unserer Kinder mit einem Manko. Das ist eine gesellschaftliche Verantwortung und nicht nur eine Frage des Profits.“

Lesen Sie den Artikel hier, in unserem Halbjahresmagazin.

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