Die Spitzen der Flugbranche Österreichs waren zum 5. Mal unter dem Dach der Austrian Roadmap am Flughafen Wien versammelt: Flexibilität und Innovationsdrang sind Schlüssel für eine prosperierende Zukunft.

Der einzige Austrian Roadmap Event, der in all den Jahren keine Corona Pause hatte, konnte sich nach zwei Jahren dieses Mal wieder über viele interessierte Gäste freuen.

Einen Teil schreiben wir dem Umstand zu, dass nun Events wieder zum Alltag gehören, einen großen Teil jedoch den Umständen, unter denen sich die Branche im „Airport City Space“ des VIE versammelt hatte:

Die Reisesehnsucht ist größer denn je, die Fluggastzahlen nähern sich dem Jahr 2019 und für nächstes Jahr ersehnt sich die Luftfahrtbranche neue Spitzenwerte. Die Verantwortlichen erklären aber auch, welche Maßnahmen für eine gute Performance notwendig sind.

 

Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG, in seiner Eröffnungsnote:

Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG, in seiner Eröffnungsnote. © Johannes Hloch

„Nach den schwierigen letzten Jahren waren wir sehr zufrieden mit dem starken Sommerreiseverkehr und auch der Herbst verläuft gut. Zum einen befinden sich das Passagieraufkommen bei fast 90 % des Vorkrisenniveaus. Zum anderen funktioniert dabei der operative Betrieb sehr gut: Gemäß der aktuellen OAG-Statistik war der Flughafen Wien im Oktober 2022 der zweitpünktlichste Hub Europas. Die Luftfahrtbranche hat die Pandemie verarbeitet und es besteht die berechtigte Hoffnung, dass die Reise weiter so erfreulich sein kann. Am Flughafen Wien erweitern zahlreiche Airlines im Winterflugplan 2022/23 ihr Destinationsangebot und auch die Langstrecke kommt mit neuen bzw. zusätzlichen Verbindungen wieder zurück. Wir sind stolz, dass wir den Betrieb am Flughafen Wien schon ab Jänner 2023 CO2-neutral führen werden. Die derzeit größte PV-Anlage Österreichs befindet sich am Wiener Airport. Darüber hinaus liegt insbesondere bei nachhaltigen Flugtreibstoffen ein enormes Potenzial, um Emissionen im Flugverkehr zu verringern.“

Dennoch gibt es dort, wo geflogen wird, auch Wolken. Niko Pelinka, Moderator und Co-Herausgeber der Austrian Roadmap 2050, fragte im 1. Panel des Abends „Nach der Krise das Chaos – Wann kommt die Normalisierung?“ genauer nach. Er bezog sich dabei auf den Krieg in der Ukraine, die Personalnot quer über alle Bereiche der Luftfahrt und die dadurch im Sommer allgegenwärtigen Absagen und Verspätungen von Flügen. Auch die exorbitant gestiegenen Preise für Energie und Treibstoff und die Konkurrenzfähigkeit in Europa waren Thema.

Das sagten die Gäste dazu:

Peter Malanik, Geschäftsführer des Dachverbandes Aviation Industry Austria:

„Wir sehen aktuell ein sehr positives Bild entlang der Wertschöpfungskette. Auch Videomeetings anstatt physischer Meetings machen uns wenig Sorgen: Die Möglichkeit der int. Vernetzung durch Online-Meetings führt wieder in den Live- Reisemarkt der Zukunft. Nach dem touristischen Boom in diesem Sommer besteht kein Grund, nicht auch für den Businessmarkt optimistisch zu sein. Wie sieht der Wettbewerb der Kontinente aus? Der europäische Markt, der nordamerikanische und der asiatische Markt sind zur Zeit in etwa gleich groß. Das Wachstumspotenzial für neue Fluggäste liegt aber vor allem in Asien, das heißt das Gewicht des Weltluftverkehrs verschiebt sich dorthin. Der europäische Beitrag zum globalen Luftverkehr kann nur im Sinne von Innovationen und Themenführerschaft liegen. Dafür haben wir in Europa und auch in Österreich gut ausgebildete Menschen und gute Firmen mit wahren Pionier*innen der Innovation. Allerdings hinkt hier die Forschungsförderung im internationalen Vergleich nach, das hat langfristig negative Folgen.“

Francesco Sciortino, COO Austrian Airlines

„Wir hatten einen sehr guten Sommer, Austrian hatte ein positives 3 Quartal. Trotz zahlreicher Herausforderungen im europäischen Hochsommerreiseverkehr hoben die Austrian Flüge mit einer Regelmäßigkeit von 99,2% ab. Die aktuellen Energiepreise bescheren natürlich auch uns Sorgenfalten. Bei langfristig steigenden Kosten ist daher eine Anhebung der Ticketpreise nötig. Unsere Ausgaben müssen ja auch irgendwo gedeckt sein. Wenn sich die Spritpreise nach unten verändern, kann sich das auch wieder ändern.“

Francesco Sciortino, COO Austrian Airlines. © Johannes Hloch

„Unsere Austrian Flüge waren in den Monaten Juli bis September zu durchschnittlich 87,6% ausgelastet. Um 2023 erfolgreich zu sein, brauchen wir ein besseres 1. und im 2. Quartalals in 2022    aktuell spüren wir jedoch keinen Abriss der Reiselust und sind zuversichtlich, dass das nächste Jahr genauso werden wird.“

„Was mich in Sachen Fortschritt der Nachhaltigkeit freut: Unsere Flotte wächst um vier neue A320neo-Maschinen, die im Vergleich zum Vorgängermodell bis zu 20% an CO2 einsparen und um 50 % weniger Lärm erzeugen.“

Wolfgang Malik, Geschäftsführer der Holding Graz:

„Wie denkt man den Ort Flughafen neu? Bei uns ist derzeit die Wiedergewinnung von Passgieren angesagt. Wir halten bei 65 Prozent gegenüber dem Vorkrisenniveau. Hinzu kommt aktuell die herausfordernde Situation der Stadtfinanzen in Graz.

Wir sind überzeugt, dass der ACStyria (Autocluster Graz) auch wieder mehr fliegen wird und uns für die Passagierzahlen gut tut“

Wolfgang Malik, Geschäftsführer der Holding Graz. © Johannes Hloch

„Unsere Antwort: Ein Regionalflughafen wie Graz muss sich auf innovative Themen konzentrieren: Der Flughafen wird nicht nur Mobilitäts– sondern auch Energiedrehscheibe, sein Zweck wird erweitert.“

„Im Sinn der Intermodalität muss der Airport mit anderen Mobilitätsanbietern gut vernetzt sein. Das ist ein Kundenwunsch, dem wir auch Rechnung tragen. Der Grazer Flughafen muss ein Partner für technische Vorreiter der Luftmobilität sein. Das betrifft Drohnen genauso, wie kleine Maschinen mit alternativen Antrieben oder Treibstoffen.“

„Was das Personalthema betrifft, so haben wir einen ‚internen Arbeitsmarkt‘, innerhalb der Holding Graz, das ist wertvoll und hilfreich.“

Valerie Hackl, Geschäftsführerin Austro Control:

„Es wird wieder viel geflogen, wir halten an manchen Tagen schon bei 3.500 Flugbewegungen im Überflug, das ist ein Rekordwert.“

„Der Ukraine Krieg hat sich auch im österreichischen Luftraum ausgewirkt: Wir sehen aufgrund der Luftraumsperren eine Verlagerung von Verkehrsströmen nach Österreich, weil das Krisengebiet weitläufig umflogen werden muss.

Valerie Hackl, Geschäftsführerin Austro Control. © Johannes Hloch

„Austro Control hat mehr Fluglots:innen als 2019 und das ist auch notwendig. Die zur Covid Zeit begonnen Initiativen zur Aus- und Weiterbildung, tragen nun Früchte:  Sie haben uns geholfen,  mit einer Top-Pünktlichkeit durch den Sommer zu kommen“

„Die große Herausforderung für 2023 und die folgenden Jahre: Die wachsenden Kapazitäten meistern und technologisch den richtigen Weg einschlagen.

Es braucht Partner in der Technologie, die diesen Weg mit uns gehen. Der Brüsseler „Network Manager“ wird in der Zukunft ein Europa übergreifend besseres und stabileres Luftraummanagement ermöglichen“

Nachhaltigkeit im Flugverkehr: Das Panel der Forscher*innen

Das zweite Panel war nicht minder prominent besetzt. Das Thema „Nachhaltigkeit im Flugverkehr“ klingt einfach, erfordert aber weltweit Milliarden an Investitionen, um den Wandel der Technologie im Mobilitätsbereich voranzutreiben. Niko Pelinka begrüßte ausgewiesene Expert*innen aus der Forschung und anwendenden Industrie, um genau jene Themen zu diskutieren, die die Ingenieursbranche gerade bewegt:

Robert Machtlinger, CEO der FACC AG, Innovationsführer aus Österreich in der Zulieferindustrie der Luftfahrt:

„Die nächste Flugzeug-Generation ist gerade in Entwicklung, wir sprechen hier von einer Vorlaufzeit von ca. 10 bis 15 Jahren. “

„Ein wesentlicher Faktor für nachhaltiges Fliegen ist neben Treibstoff und Triebwerk das Gewicht. Ein modernes Flugzeug wiegt heute wesentlich weniger als früher, das bringt enorme Einsparungen.“

„Auch in der Produktion selbst spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle: Wir forschen gerade an Werkstoffen, bei denen der Energieaufwand zur Aushärtung um ein Vielfaches geringer ist.“

„Viel wurde bei Lärmemissionen gemacht, da wurden schon bis zu 65% eingespart. Der größte Lärmpegel entsteht noch beim Start, auch hier wird intensiv geforscht.“

„2050 will man CO2 neutral fliegen, das werden wir gemeinsam mit vielen neuen Ideen und Innovationen erreichen.“

Robert Machtlinger, CEO der FACC AG. © Johannes Hloch

Rudolf Gradinger, Experte für Leichtbau und Nachhaltigkeit im Bereich Luftfahrt, AIT

„Wir arbeiten an Wasserstoff Projekten – die Entwicklung von Wasserstoff-Tanks braucht Zeit, um die Sicherheit zu gewährleisten. Ein CO2 neutrales 2050 ist ein hohes und hehres Ziel und sehr ambitioniert.“

„2005 haben wir erstmals mit der FACC Magnesium für den Kabinenbau getestet. Parallel arbeitete die Behörde FAA bis 2014 an Zulassungstests, um die Sicherheit zu gewährleisten. In naher Zukunft wird Magnesium nun in Sitzen zur Anwendung kommen.“

Rudolf Gradinger, Experte für Leichtbau und Nachhaltigkeit im Bereich Luftfahrt, AIT. © Johannes Hloch

„Leichtbau mit Magnesium könnte innerhalb 1 Monat einen ökologischen und nach 21 Monaten Anwendung einen wirtschaftlichen Vorteil bringen.“

„Was die Forschungsförderung betrifft: Es gibt Ausschreibungen wie Take Off, für die wir dankbar sind, aber der wichtigste Punkt ist die Kooperation der forschenden Institutionen mit der Industrie.“

Dina Bacovsky, Unit Head of Biofuels, BEST – Bioenergy & Sustainable Technologies GmbH:

„Von heute auf morgen werden wir nicht auf nachhaltige Treibstoffe umsteigen können. Auf Basis von Biomasse kann Flugtreibstoff hergestellt werden. Es gibt verschiedene Pfade, zurzeit ist einer nämlich auf Basis von Fetten und Ölen, bereits kommerziell verfügbar. THG – Emmissions – Einsparungen von 70% und mehr sind dabei möglich.“

„Wann ist eine Menge erreicht, dass wir in großer Frequenz mit neutralen Treibstoffen fliegen? Die Entwicklung geht exponentiell nach oben, zurzeit sind es nur 0,05 Prozent, ab 2025 will die EU jedoch schon 2 Prozent vorschreiben.“

Dina Bacovsky, Unit Head of Biofuels, BEST – Bioenergy & Sustainable Technologies GmbH. © Johannes Hloch

„Entlang der Wettschöpfungskette muss Geld investiert und verdient werden können, sonst passiert keine Veränderung.“

„E-Fuels? Sind in Österreich eher nicht wirtschaftlich zu produzieren. Aber Importe wären denkbar. Auf unserem Staatsgebiet alleine werden wir nicht ausreichend Treibstoff erzeugen können.“

Im Anschluss an die beiden Panels trafen sich Sprecher*innen und Gäste noch zu einem „Get Together“ und einem Austausch im Airport City Space, wo bis zum Ende um 21 Uhr, angeregt diskutiert wurde.

Das Fazit beider Panels aus Sicht der Austrian Roadmap2050: Zukunft passiert jetzt!

Die Luftfahrtbranche blickt mit großem Optimismus in die Zukunft, die Pandemie als Stresstest hat die Resilienz und Flexibilität in dieser Industrie verbessert. Die Erreichung von Klima- und Einsparungszielen ist die spannende Herausforderung und zugleich Antrieb vieler Innovationen: Der technologische Wandel hin zur Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität wird beschleunigt und die Ingenieurskunst scheint keine Grenzen zu kennen.

Die Zukunft der Menschen und ihrer Mobilität findet sicher zu einem großen Teil in der Luft statt.

Willkommen in der Zukunft.
Hallo Austrian Roadmap 2050.

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