
30 Prozent aller Verkehrsunfälle der vergangenen fünf Jahre sind auf „Unaufmerksamkeit und Ablenkung“ zurückzuführen. Damit ist Ablenkung nach wie vor Unfallursache Nummer 1. Welche Gefahr von Ablenkung im Straßenverkehr ausgeht, untermauern nun eine aktuelle Studie des ÖAMTC, Erkenntnisse aus einer neuen KFV-Verkehrsbeobachtung und die Zahlen der Unfallstatistik.
Im Jahr 2022 ereigneten sich 10.176 Ablenkungsunfälle im österreichischen Straßenverkehr, dabei wurden 9.290 Lenker:innen verletzt, 76 verloren ihr Leben. Nach einem Rückgang in den Pandemiejahren steigt die Zahl der Ablenkungsunfälle nun wieder an.
„Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung lässt das Unfallrisiko für Lenkende etwa um das Vier- bis Fünffache, das Schreiben von Textnachrichten sogar um das 23-fache ansteigen“, erklärt Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Er rechnet aufgrund der KFV-Verkehrsbeobachtung mit einer weiteren Zunahme der Ablenkungsunfälle. So ist seit der letzten Beobachtung im Jahr 2016 der Anteil bei den abgelenkten Radfahrer:innen von 8 auf 17 Prozent, bei den Fußgänger:innen von 30 auf 37 Prozent gestiegen. Die Hauptablenkungsursache war das Telefonieren währen der Fahrt.
ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger untersuchte die Auswirkungen von ablenkenden Tätigkeiten beim Autofahren im Rahmen einer Studie im März dieses Jahres im ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdort. 40 Proband:innen im Alter von 18 bis 50 Jahren mussten in fünf unterschiedlichen Fahrsituationen vier Aufgaben erledigen – zwei Denkaufgaben (Buchstabieren, Kopfrechnen) und zwei haptische Aufgaben (SMS lesen/schreiben, aus einer Flasche trinken). „Beim SMS-Lesen und -Tippen waren die Testpersonen bis zu 123 Meter im Blindflug unterwegs. Dabei fuhren zwar alle signifikant langsamer, aber keine Person verringerte das Tempo vor dem Schutzweg so, dass sie hätte anhalten können. Die meisten wären mit etwa 30 km/h mit einem:einer Fußgänger:in kollidiert“, so Seidenberger.
Aber auch vermeintlich einfache Aufgaben stellen ein großes Sicherheitsrisiko dar: Beim Hantieren mit und Trinken aus einer Wasserflasche hatten die Testpersonen bis zu acht Sekunden die Hände nicht am Lenkrad. „Insgesamt zeigte sich, dass die Probanden Sichthindernisse nicht ernst genug nahmen, zu wenig Abstand hielten und viele keine Notbremsung beherrschten“, erklärt die ÖAMTC-Expertin. Seidenberger: „Bei der Abstandsübung musste ein selbst gewählter Sicherheitsabstand zu einem vorausfahrenden Auto, das spurversetzt unterwegs war, eingehalten werden. Bei einer Vollbremsung hätten 72 Prozent einen Aufprall nicht verhindert – und zwar hauptsächlich durch das totale Unterlassen oder die viel zu zögerliche Bremsung.“
Als trügerisch erwies sich zudem die Selbsteinschätzung – die subjektive Gefahreneinschätzung stand oft klar im Widerspruch zu den bei der ÖAMTC-Studie objektiv erfassten Daten. „Viele glauben, dass sie „‚eh alles im Griff‘ haben“ –vermeintlich einfache Nebentätigkeiten, wie das kurze Checken einer Nachricht, werden unterschätzt. Dabei muss man im Straßenverkehr immer damit rechnen, dass man plötzlich in eine fordernde Situation gerät“, betont Seidenberger. Die drei wichtigsten Tipps der ÖAMTC-Expertin für Autofahrer:innen: Abstand vergrößern, jegliche Ablenkung unterlassen und eine Notbremsung beherrschen.
„Ablenkung durch Smartphones“ ist auch das Thema der aktuellen FIA-Verkehrssicherheits-Kampagne. Als Gründungsmitglied trägt der ÖAMTC alle Verkehrssicherheitsinitiativen der FIA und FIA Region I mit – auf internationaler wie auch auf nationaler Ebene. Die aktuelle Kampagne wurde in 26 Sprachen übersetzt und wird in 33 Ländern in Europa, dem Nahen Osten und in Afrika von den nationalen Partnerclubs mitgetragen.
Die FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) ist der internationale Dachverband der weltweiten Mobilitäts- und Automobilclubs mit Sitz in Paris, die FIA Region I die Regionalorganisation der FIA für Europa, Afrika und den Nahen Osten.
Nähere Informationen findet man online unter www.oeamtc.at
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