Die Mobilitätswende ist einer der Schlüsselfaktoren zur Erreichung der Klimaziele. Richtig umgesetzt kann sie zu einem gewaltigen Wirtschaftsmotor für Österreich werden. Die Austrian Roadmap 2050 ist im Gespräch mit ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold über Technologieoffenheit, Innovation und den Ausbau von MaaS-Angeboten (Mobility-as-a-Service).

Austrian Roadmap 2050: Der ÖAMTC spricht immer von Technologieoffenheit, wenn es um die Entwicklung der Mobilität in den kommenden Jahren geht. Was ist damit gemeint?

Oliver Schmerold: Wir wollen beides: Leistbare individuelle Mobilität und das Erreichen der Klimaziele. Dafür müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden. Aus Sicht des ÖAMTC ist es daher unumgänglich, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Auf dem Weg in eine mobile und nachhaltige Zukunft setzen wir uns daher für Technologieoffenheit ein. Das heißt: CO2-neutrale Antriebstechnologien sind die Zukunft. Und Elektromobilität ist ein wichtiger Puzzlestein im großen Bild der Mobilität der Zukunft.

ARM2050: Was ist notwendig, um die Klimaziele zu erreichen?

OS: Die Zahlen zeigen deutlich: Jedes Jahr werden in Österreich um die 300.000 Pkw neu zugelassen. Selbst wenn die Hälfte davon rein elektrisch angetrieben wird, was eine sehr optimistische Annahme ist, würden wir allein damit die Klimaziele im Verkehr bis 2030 nicht erreichen. Da ist es doch eigentlich naheliegend, so bald wie möglich den CO2-Ausstoß der Bestandsflotte, die vorwiegend mit Diesel und Benzin angetrieben wird, zu reduzieren. Und in diese Richtung zielen unsere Vorschläge ab: Wir brauchen in der Mobilität jede Technologie, die uns hilft, signifikant CO2 einzusparen. Verbote sind der falsche Weg. Wir brauchen sowohl E-Mobilität als auch E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe. Dann kann es uns gelingen, die Klimaziele zu erreichen.

CEO Oliver Schmerold

ARM2050: Wie macht man den Verbrennungsmotor CO2-neutral?

OS: Grundsätzlich hat der technische Fortschritt in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass Verbrennungsmotoren der neuesten Generation sehr schadstoffarm sind. In diesem Bereich gibt es wohl nur mehr wenig Spielraum. Anders sieht es beim Kraftstoff aus: Stammt der nicht aus fossilen Energieträgern, wie es derzeit bei Benzin und Diesel weitgehend der Fall ist, kann der Verbrennungsmotor deutlich CO2-ärmer betrieben werden. Eine vielversprechende Möglichkeit dafür sind synthetische Kraftstoffe, so genannte E-Fuels. Im Idealfall kommt die Energie für deren gesamten Produktions- und Transportprozess aus erneuerbaren Quellen – dann ist sogar ein CO2-neutraler Betrieb des Verbrennungsmotors möglich. Das hätte einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: E-Fuels würden praktisch sofort in der Bestandsflotte wirken, eine Nach- oder Umrüstung der Fahrzeuge wäre nicht notwendig.

ARM2050: Das Klimaticket ist nun da – wird es einen breiten Umstieg der Pendler*innen auf die Öffis bringen?

OS: Wir haben gemeinsam mit der TU Wien in einer repräsentativen Studie erhoben, nach welchen Kriterien sich Pendler*innen für ein Verkehrsmittel entscheiden. Das Um und Auf sind demnach möglichst kurze Fahrzeiten, inklusive Zugangs-, Abgangs-, Warte- und Umsteigezeiten. Wer nur mit dem Auto pendelt – und das sind immerhin 72 Prozent der österreichischen Pendler*innen – nutzt die Öffis vor allem wegen mangelnder Verfügbarkeit oder des Zeitaufwandes nicht. Das lässt vermuten, dass auch eine Neugestaltung der Tarife, wie sie mit dem Klimaticket kürzlich erfolgt ist, keinen breiten Umstieg nach sich ziehen wird, auch wenn es ein guter und wichtiger Schritt ist.

ARM2050: Was muss also geschehen?

OS: In Sachen Umstieg wäre eine Ausweitung praktikabler Mobilitäts-Angebote noch wichtiger als die bloße Tarifgestaltung, die die Diskussion bisher dominiert hat. Konkret fordern wir daher schon seit einiger Zeit den flächendeckenden Ausbau von Rufbus-Angeboten, sogenanntem Mikro-ÖV, im ländlichen Raum. In urbanen Gegenden braucht es einen funktionierenden Markt für MaaS, das sind Mobility-as-a-Service-Angebote, die die Nutzung unterschiedlichster Verkehrsmittel mit einer App und einer Rechnung erlauben. Außerdem sollte der Besetzungsgrad von Pendler*innen-Pkw angehoben werden, indem man möglichst rasch den finanzrechtlichen Spielraum für eine Abgeltung von „Mitnahmen“ anhebt. Ein wichtiges Werkzeug, das forciert werden muss und an dem der ÖAMTC gemeinsam mit der TU Graz für den Kfz-Bereich arbeitet, ist die Life-Cycle-Analyse. Nur, wenn man Herstellung, Betrieb und Entsorgung beispielsweise von Autos genau untersucht, lassen sich fundierte Aussagen zu den Auswirkungen auf die Umwelt treffen – und ein realistischer Vergleich herstellen.

ARM2050: Herzlichen Dank für das spannende Interview!

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