
In einer geheimen Urabstimmung haben die Mitarbeiter des MAN-Standortes Steyr mehrheitlich gegen Pläne der WSA Beteiligungs GmbH zur Fortführung des Werkes gestimmt. 64 Prozent waren gegen den Übertritt.
Die Mitarbeiter der MAN Truck & Bus Österreich GesmbH haben sich mehrheitlich gegen den mit der Firma WSA des Investors Siegfried Wolf ausgearbeiteten Plan zur Übernahme des Werks in Steyr ausgesprochen. Knapp 64 Prozent der Belegschaft stimmten gegen den Übertritt. An dem Votum nahmen 2.356 stimmberechtigte MAN-Mitarbeiter*innen teil, von den Leasingkräften stimmten 2.215 ab. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung bei 94 Prozent. Wolf verpasste somit die von ihm angepeilten zwei Drittel.
München bedauert Entscheidung der Belegschaft
Als Konsequenz nimmt die MAN-Zentrale in München die Pläne zur Schließung des Werks in Steyr wieder auf. Im nächsten Schritt wird zudem der Sozialplan neu verhandelt werden müssen – da der derzeitige Stand an die Übernahme durch WSA geknüpft war, wie es von Konzern-Seite unmittelbar nach der Abstimmung verkündet wurde. Dr. Martin Rabe, Personalvorstand und Arbeitsdirektor MAN Truck & Bus: „Wir sind vom Ergebnis wirklich sehr enttäuscht, da wir die angebotene Alternative zur Schließung als einen für alle Beteiligten sehr guten Weg angesehen haben. Die gemeinsamen Pläne mit der WSA hätten der großen Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie den Lehrlingen eine Zukunftsperspektive am Standort geboten. Die hohe Wahlbeteiligung von über 90 Prozent beweist das große Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Leider gab es innerhalb der Belegschaft offensichtlich noch zu wenig Transparenz über das wirklich gute Konzept der WSA Beteiligungs GmbH. Wir bedauern sehr, dass sich die Belegschaft dagegen entschieden hat.“
© Lennart Preiss/MAN SE
Gewerkschaft will bei Kündigungen Standortsicherungsvertrag einklagen
Kämpferisch zeigt man sich von Belegschaftsseite. Der Betriebsrat will das Gespräch mit dem MAN-Vorstand suchen. Die Zentrale in München hat bereits die Standortgarantie bis 2030 aufgekündigt und sieht als einzige Alternative die Schließung des Werks bis 2023. Der Konzern will das Geschäft unter anderem nach Polen verlagern.Sollte es zu Kündigungen kommen, werde man den Standortsicherungsvertrag bis 2030 einklagen, heißt es von PRO-GE und GPA. „Wir erwarten uns, dass die Konzernleitung die Gespräche wieder aufnimmt und auch andere Konzepte prüft und fair diskutiert. Hier geht es um die Arbeitsplätze tausender Menschen in der Region. Sich nun einfach nach Polen zurückzuziehen, nur weil dort die Menschen um nicht einmal vier Euro Mindestlohn arbeiten müssen, zeigt die mangelnde soziale Verantwortung von MAN gegenüber Mitarbeiter*innen, die viele Jahre zum Erfolg der Marke beigetragen haben“, so PRO-GE-Bundesvorsitzende Rainer Wimmer und der GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Dürtscher. Beide bekräftigen: „Wir stehen für Gespräche jederzeit zur Verfügung.“
IWS-Studie zeigt mögliche volkswirtschaftliche Konsequenzen bei Schließung
Die volkswirtschaftliche Folgen einer Schließung vorrangig auf die Region Steyr und ebenso auf das BIP in Österreich hat der wissenschaftliche Leiter der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS), Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schneider mit einem ökonometrisch geschätzten Simulationsmodell für Österreich ermittelt, wie es in einer Mitteilung der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ heißt. Sollte das Werk tatsächlich geschlossen werden und damit die inländisch wirksame Wertschöpfung von 737 Millionen Euro entfallen, führe dies laut IWS-Studie in Österreich zu einem Rückgang des BIP von 957 Millionen Euro und einem Verlust von 8.400 Arbeitsplätzen inklusive der Arbeitsplätze im MAN-Werk.
Seit 100 Jahren werden im MAN-Werk Steyr Lkw fabriziert, 1914 wurde das Werk fertiggestellt, 1919 begann die Produktion der ersten Lkw. 1989 üversiedelte man unter das Dach von MAN als VW-Tochter. 1999 übernahmen die Oberösterreicher die gesamte Lkw-Fertigung. Vor rund einem Jahr wurde die Schließung des Werks in Steyr öffentlich. Im September kündigte die Zentrale die Beschäftigungs- und Standortsicherungsverträge für Deutschland und Österreich. Diese hätten den Standort zumindest bis 2030 erhalten sollen. Auch das OÖ-Konsortium rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) konnte den MAN-Vorstand mit den „Green-Mobility-Center“-Plänen nicht überzeugen.
© MAN SE
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