Der Süden Österreichs geht mit gutem Beispiel voran: 55% des gesamten Energiebedarfs in Kärnten sind heimisch und erneuerbar, denn ohne moderne Bioenergie-Lösungen scheitert der Klimaschutz.

Holz ist der wichtigste erneuerbare Energieträger Österreichs. Mehr als die Hälfte des Inlandsverbrauchs unter den Erneuerbaren ist auf die Bioenergie zurückzuführen. „Eine Energiewende ohne die Bioenergie und damit auch ohne die heimische Forstwirtschaft ist undenkbar“, erklärt Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, im Rahmen des 23. Österreichischen Biomassetages in Klagenfurt. Welche Bedeutung die Bioenergie innehat, ist gerade in Kärnten ersichtlich. Das südlichste Bundesland nimmt europaweit in der Nutzung erneuerbarer Energie eine führende Rolle ein. Derzeit werden mehr als 55% des gesamten Energiebedarfs heimisch und erneuerbar abgedeckt. Den Löwenanteil macht dabei die Biomasse aus. Sie ist noch vor der Wasserkraft der wichtigste Energieträger. Auch beim Pro-Kopf-Verbrauch ist Kärnten bei der Bioenergie weit vorne. Der Durchschnittsverbrauch ist um mehr als ein Drittel höher als beim zweitplatzierten Salzburg. „Das ist auch ein Verdienst der starken Kärntner Forstwirtschaft und auch der entsprechenden Unterstützung des Landes Kärnten durch gezielte Fördermaßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energie geschuldet“, erklärt Siegfried Huber, Präsident der Kärntner Landwirtschaftskammer.

90% der Nah- und Fernwärme erneuerbar

In Kärnten werden mittlerweile über 55% der Haushalte mit Holz und somit erneuerbar und nachhaltig beheizt. Von den insgesamt 250.000 Haushalten werden 72.000 Haushalte dezentral mit Stückholz, Hackschnitzel und Pellets mit Einzelanlagen versorgt. 67.000 Haushalte beziehen ihre Wärme mittlerweile aus Biomasse-Nahwärmeanlagen. Derzeit werden in Kärnten rund 200 Biomasseheizwerke und mehr als 150 Mikronetze (Zusammenschluss von mehreren Nachbarn zu einer Gemeinschaft) betrieben. Über 90% der Kärntner Nah- und Fernwärme werden mittlerweile durch erneuerbare Energieträger, vorwiegend Holz, bereitgestellt. „Fossilenergie“ spielt nur mehr eine Nebenrolle.
Holz als regionaler Wirtschaftsmotor
Über 80% der Biomasse für die Wärmeversorgung werden durch die heimische Forst- und Holzwirtschaft bereitgestellt, der Rest stammt aus der Landwirtschaft und dem Abfallbereich. „Wenn man bedenkt, dass der Einsatz von Bioenergie ungefähr acht Mal so viele Arbeitsplätze wie ein vergleichbares fossiles Energiesystem schafft bzw. sichert, die heimische Wertschöpfung durch das Biomasse-System um den Faktor 7 höher und die Geldabflüsse ins Ausland 1/7 im Vergleich zu fossilen Energiesystemen betragen, wird einem die regionale Bedeutung der Bioenergie sehr rasch klar. Als Draufgabe kommt aufgrund der CO2-Neutralität noch der Nutzen für das Klima“, illustriert Huber.

Auch für die von Schadereignissen gepeinigte Forstwirtschaft ist die Bioenergie-Nutzung unverzichtbar, denn die energetische Verwertung ist oftmals die einzige Möglichkeit diese Sortimente zu nutzen. Der Anteil der „niederwertigen“ Sortimente wird aber durch den Klimawandel angefeuert, gleichzeitig sinkt der Heizwärmebedarf aufgrund effizienterer Anlagen und dichterer Gebäudehüllen. „Die Bioenergie steht in keiner Konkurrenz zur stofflichen Nutzung, sondern ist der Kraftstoff für die Kreislaufwirtschaft und die Bioökonomie. Die Holznutzung ist ausschlaggebend, denn ein nachhaltig bewirtschafteter Wald ist aktiver Klimaschutz“, erklärt Huber.

Auch im von der Landwirtschaftskammer Kärnten initiierten Zukunftsprozess für die heimische Land- und Forstwirtschaft spielt Holz bzw. Biomasse in allen Formen eine gewichtige Rolle. Eine der zentralen Zielsetzungen ist die Erhöhung des Anteils der Bioenergie am Bruttoinlandsverbrauch von derzeit 32 auf 45% bis 2030. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass nach wie vor ca. 60.000 Haushalte in Kärnten fossil beheizt werden. Zumindest die Hälfte davon könnten kurz- bzw. mittelfristig zusätzlich mit Biomasse in allen Formen versorgt werden.

Biomasse ist ein fantastischer Rohstoff – nutzen wir ihn!

Beim Blick auf die einzelnen Sektoren – von der Wirtschaft bis zum Verkehr – zeigt sich der Handlungsbedarf in allen Bereichen auf. Bioökonomie soll kein Schlagwort sein. In der Bioökonomie sieht Präsident Huber die Zukunft Kärntens – als zweitwaldreichstes Bundesland Österreichs mit einem Waldanteil von mehr als 62%. Holz ist daher neben der Sonne und dem Wasser die wichtigste strategische Ressource Kärntens und gilt als zentraler Baustein der Bioökonomie – einem Wirtschaftskonzept, in dem fossile Ressourcen durch verschiedene erneuerbare Rohstoffe ersetzt werden. „Eingebettet in das Standortmarketing Kärnten, bei dem die Bioökonomie eine zentrale Rolle spielt, muss der Einsatz von Holz im täglichen Gebrauch, im Hochbau, der Wärme- und Strombereitstellung, aber auch in der Forschung und Entwicklung von Biosprit-Anlagen –Stichwort Synthesegas oder Holzdiesel – massiv ausgebaut werden. Diese Anstrengung verlangt ein klares Bekenntnis der Landespolitik zur nachhaltigen Nutzung unserer Wälder“, fordert Huber. Waldbewirtschaftung und Holzverwendung sichern nicht nur Wertschöpfung für die bäuerlichen Betriebe, sie sichern Arbeitsplatze im ländlichen Raum und spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels. „Eines ist jedoch klar, Klimaschutz darf nicht durch Naturschutz ausgespielt oder gar verhindert werden. Nachhaltiger Klimaschutz bedeutet auch nachhaltige Bewirtschaftung der Kärntner Wälder. Außernutzungstellung ist nicht der Weisheit letzter Schluss“, so Präsident Huber.

Gesetzliche Rahmenbedingungen nötig

„Wir verspüren den Aufwind in der Bioenergie-Branche einerseits durch den vorhandenen Willen, die Energiewende positiv zu gestalten, und andererseits dank der guten Fördersituation auf Bundes- und Landesebene. Enormer Nachholbedarf ist in der Gesetzgebung gegeben. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind aber die Basis für die Energiewende“, erklärt Titschenbacher. Für den Herbst wurden unter anderem das Erneuerbare-Wärme-Gesetz und das Energieeffizienzgesetz angekündigt, die einen enormen Hebel für die Wärmewende bewirken könnten. „Große Hoffnungen setzen wir auf die angekündigte ökosoziale Steuerreform und damit auf die Einführung einer CO2-Abgabe. Diese könnte einen weiteren Impuls für die Biomasse-Branche bringen“, so Titschenbacher. Auch im Bereich der Mobilität kann die heimische Land- und Forstwirtschaft mit der Produktion von Holzdiesel und Holzgas aus Schadholz und forstlichen Nebenprodukten einen wichtigen Beitrag leisten. „Mit modernen Bioenergietechnologien nutzen wir, was nachwächst, erhöhen unsere Versorgungssicherheit und Krisen-Resilienz im Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelbereich. Ferner können auch Lösungen für negative Emissionen bereitgestellt werden.“

CO2 in Pflanzenkohle speichern

„Die Herausforderung in der Zukunft ist, neben der Dekarbonisierung unseres Energiesystems die langfristige Speicherung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre“, schildert Gerhard Soja, Vorsitzender des Österreichischen Vereins für Biomasse-Karbonisierung (ÖBIKA) sowie Senior Scientist am AIT Austrian Institute of Technology und an der Universität für Bodenkultur Wien. Bei der Pyrolyse geht anstatt des gesamten in der Biomasse gespeicherten Kohlenstoffs nur mehr etwa die Hälfte in Form von flüchtigen energiereichen Verbindungen in die Atmosphäre über. Diese können aber gesammelt und energetisch genutzt werden und helfen so fossile Brennstoffe einzusparen. Die andere Hälfte des Kohlenstoffs verbleibt in der Holzkohle und wird so langfristig aus der Luft entfernt. Durch die Nutzung der Nebenprodukte, die in der Land- und Forstwirtschaft sowie beim Holzbau anfallen, können die CO2-Speichereffekte der Wertschöpfungskette Holz mit Biokohle mehr als verdoppelt werden. Als Nebenprodukt wird Bioenergie frei. Die Premium-Holzkohle aus einem Kraftwerk kann vielseitig eingesetzt werden: In der Futtermittel- oder auch in der Kosmetikindustrie, als Bodenverbesserungsmittel, in der Tierhaltung, in der Baustoffindustrie und vieles mehr. Ein interessantes Beispiel ist der „Klimabeton“. Die ersten Versuche haben gezeigt, dass durch die Beimischung von Pflanzenkohle 15% Zement eingespart werden können. Durch diese Beimischung wird langfristig CO2 im Beton gespeichert. „Land- und Forstwirtschaft haben eine tolle Zukunft vor sich, denn sie werden die Energiewende positiv mitgestalten und einen wichtigen Beitrag zur Verminderung des Klimawandels leisten“, schließt Soja.

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