
Künftig könnten riesige Sonnenkollektoren im Weltraum Energie erzeugen. Mit speziellen Solarzellen von Linzer Forschenden laufen bereits erste Tests. Das Ziel ist, riesige Solarkollektoren im Weltraum zu positionieren, um die Energieversorgung zu sichern und unabhängiger von atmosphärischen Bedingungen zu werden. Es ist jedoch noch in einem frühen Stadium der Forschung und es gibt noch viele technische Herausforderungen zu lösen, bevor ein kommerzielles Weltraum-basiertes Solarsystem aufgebaut werden kann.
Das Caltech Space Solar Power Project (SSPP) ist ein Forschungsprojekt, das von der California Institute of Technology (Caltech) geleitet wird. Ziel des Projekts ist es, eine effiziente Methode zur Übertragung von Solarenergie von Weltraum-basierten Solarsatelliten zur Erde zu entwickeln. Das Konzept sieht vor, große Solarzellen-Plattformen im Weltraum zu installieren, die den Sonnenstrahl direkt und ununterbrochen empfangen können. Die so erzeugte Energie kann dann per Funkwellen oder Laserstrahlen auf die Erde übertragen und dort genutzt werden.
Das seit 2013 bestehende Caltech Space Solar Power Project (SSPP), das vom US-amerikanischen Unternehmer und Philanthropen Donald Bren mit der stolzen Summe von 100 Millionen Dollar ausgestattet wurde, hat Anfang des Jahres einen ersten Testsatelliten ins All geschickt. Der 50 Kilogramm schwere Space Solar Power Demonstrator (SSPD) erprobt Technologien für Strukturkomponenten, für die Mikrowellenübertragung der Energie an eine Bodenstation und für weltraumgeeignete Solarpaneele. Das SSPP untersucht auch die technischen, ökonomischen und politischen Aspekte einer solchen Weltraum-basierten Solarenergie-Infrastruktur, um zu bestimmen, ob es eine praktikable Option für die Energieversorgung der Zukunft ist.
Solarzellen-Technologie aus Österreich
An der Mission sind auch Forschende aus Oberösterreich beteiligt: Sechs der 32 Solarzellenmodule, die Teil des Experiments Alba an Bord des Satelliten sind, stammen vom LIT Soft Materials Lab der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz. Dort beschäftigt man sich seit über zehn Jahren mit der Entwicklung extrem dünner Photovoltaikzellen. „Ursprünglich dachten wir an Anwendungen für unbemannte Luftfahrzeuge bis hin zu Marsmissionen. Ein Konferenzkontakt von einem meiner Studenten führte dann zum Austausch mit dem SSPP-Team am Caltech“, erinnert sich Lab-Leiter Martin Kaltenbrunner. Der aus der Ukraine stammende Student Stepan Demtschyschyn, der die Kooperation einfädelte, forschte später selbst am Caltech und ist bis heute am Soft Materials Lab tätig.
„Die Anforderungen für Solarzellen für ein Kraftwerk im Orbit unterscheiden sich stark von jenen, die auf der Erde eingesetzt werden“, betont Kaltenbrunner. In der Atmosphäre ist es wichtig, korrosive Substanzen wie Sauerstoff oder Wasser von den Zellen fernzuhalten. Flächenverbrauch ist ein wichtiger Faktor, weniger das Gewicht. Im All ist es umgekehrt: Raum für große Flächen ist beliebig vorhanden, Gewicht und Leistung pro Gewicht der Kollektoren sind aber extrem wichtig. Denn die Satelliten sollen riesige quadratkilometergroße Folienflächen entfalten können und müssen der hochenergetischen Strahlung im Orbit langfristig widerstehen.
Das zweite funktionale Prototyp wurde schon 2017 an der Caltech demonstriert. Dieser Prototyp ist 33% leichter als die erste Version und erreicht eine Flächendichte von weniger als 1 kg/m2. Es integriert Photovoltaik und Stromübertragungsschaltungen und beinhaltet Strahlenlenkung. © Caltech
Vorteilhafte Eigenschaften auf Perowskit-Basis
Kaltenbrunner und sein Team sind auf die Entwicklung von Photovoltaikzellen auf Perowskit-Basis spezialisiert. Dabei werden Materialien mit einer speziellen kubischen Kristallstruktur eingesetzt, die erstmals in dem namensgebenden Mineral Perowskit beobachtet wurde. Perowskit-Solarzellen bestehen aus nichtorganischen Materialien – in Linz nutzt man etwa Blei und Jod –, die mit organischen Molekülen durchdrungen sind. Sie lassen nicht nur eine flexible, folienartige Bauweise zu, sondern weisen auch eine hohe Absorptionsfähigkeit für verschiedene Lichtwellenlängen und andere für den Einsatz als Solarzellen vorteilhafte Eigenschaften auf. Der Kontakt mit Wasser führt dagegen zu Zersetzungsprozessen – ein Problem, das man zumindest im Weltall nicht hat.
Von welchen Dimensionen reden wir also? „Die Dicke unserer Perowskit-Solarzellen liegt in einer Größenordnung von 700 Nanometer. Gemeinsam mit umschließenden Polymerschichten kommen wir auf zwei bis drei Mikrometer. Zum Vergleich: Ein Haar hat einen Durchmesser von etwa 50 Mikrometer“, rechnet der Materialwissenschafter vor. „Damit kommen wir auf ein Gewicht von fünf Gramm pro Quadratmeter. Der Wirkungsgrad liegt bei etwa 20 Prozent. Wir können also pro Gramm Gewicht eine Leistung von 40 Watt und mehr erzielen.“ Photovoltaik auf Silizium-Basis, die bei den meisten Anwendungen auf der Erde zum Einsatz kommt, kann zwar mehr Leistung pro Fläche erzielen, erreicht aber niemals die geringen Werte bei Dicke und Gewicht.
Messdaten des Testsatelliten liegen frühestens zur Jahresmitte vor
Die Solarzellen, die seit Jänner im Orbit getestet werden, lassen noch nichts von den enormen Flächen künftiger Kraftwerke erahnen. Hier sind es lediglich wenige Quadratzentimeter, die pro Zellentyp zur Verfügung stehen. Jeweils dahinter ist die Messelektronik angeordnet, die die Funktionsdaten aufnimmt. Versuche mit den Linzer Prototypen auf der Erde legen für Kaltenbrunner nahe, dass die Perowskit-Zellen mit den Strahlungsverhältnissen im All recht gut zurande kommen könnten. Die Hoffnung ist, dass keine aufwendigen Schutzmaßnahmen nötig sind. Erste Messdaten des Testsatelliten sollen aber erst frühestens zur Jahresmitte vorliegen.
Längerfristig gedacht könnten sehr dünne oder leichte Perowskit-Zellen durchaus auch für Anwendungen auf der Erde in Betracht kommen. Kaltenbrunner: „Überall dort, wo Gewicht eine Rolle spielt, ist das Material eine gute Option. Wir denken an Wearables, tragbare Elektronik, Medizintechnik oder Textilien, vielleicht auch faltbare Solaranlagen, die man bei einer Bergtour mit dabeihat.“
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