
Fast eine Million österreichische Haushalte nützen Gas überwiegend zum Heizen und zur Warmwasserbereitung. Beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit stand deshalb Grünes Gas als Element eines klimaneutralen Energiesystems im Fokus.
Während das Erneuerbaren Ausbau Gesetz noch im Nationalrat bestehen muss, bleibt für Experten die Frage offen: Wie geht es mit Grünem Gas weiter? Denn genau das fehle noch im Entwurf, wie SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bei der Diskussionsrunde des Forums Versorgungssicherheit einbrachte.
In privaten Haushalten wird Gas noch lange bei der Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser eine führende Rolle einnehmen. Im Zuge der Umstellung von Österreichs Energieversorgung auf erneuerbare Quellen, muss auch Erdgas durch andere Energieträger ersetzt werden. Michael Haselauer, Geschäftsführer der Netz Oberösterreich GmbH und Präsident des Branchenverbands ÖVGW (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach) fordert, dass alles getan werden müsse, um die bestehende Gas-Infrastruktur weiter zu erhalten und zu nutzen. Gas aus erneuerbaren Quellen sieht Haselauer als wesentlich für die Erreichung der Klimaziele: „Gas hat eine hohe Energiedichte, es kann sehr einfach gespeichert und transportiert werden. Das Leitungsnetz und die sonstige Infrastruktur sind vorhanden. Es wäre höchst unvernünftig, dieses bewährte System mutwillig rückzubauen.“
Klimafreundlich und kostengünstig heizen
Den privaten Haushalten sollte eine Umstellung auf Biogas angeboten werden. Laut Haselauer ist die Umstellung auf erneuerbares Gas nicht nur die einfachste und kostengünstigste Variante, sondern auch die einzige Möglichkeit, diesen Bereich klimafreundlich zu gestalten. Dabei verwies er auf die bereits bestehende und ausgebaute Infrastruktur. Zudem müssten Konsumenten keine Investitionen in neue Heizanlagen tätigen. „Mit der Umstellung auf erneuerbares Gas wird jeder Konsument zum Motor der Energie- und Klimawende. Deshalb ist die Nutzung von Biogas ein Akzeptanz- und Umsetzungsturbo“, unterstrich Haselauer. Im Gegensatz dazu werde ein Systemwechsel, der für die Konsumenten teuer kommt, auf deutlichen Widerstand stoßen und enorme Kosten auslösen und gezielte Subventionen brauchen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass eine erzwungene Umstellung auch längere Zeit brauchen wird.
Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, hob zudem den sozialen Aspekt hervor: „Wenn wir Erdgas durch grünes Gas ersetzen, können in den meisten Häusern und Wohnungen die Heizanlagen einfach klimaneutral weiterverwendet werden. Dagegen würde eine erzwungene Umstellung auf andere Heizungsformen gerade die sozial Schwächeren stark belasten.“
Haselauer verwies auf Studien des Energieinstituts der Johannes-Kepler-Universität Linz und der Montan-Universität Leoben, wonach ab 2030 jährlich ein technisches Potenzial an erneuerbaren Gasen von 58 TWh ausgewiesen wird. Damit übersteigen diese Potenziale das erneuerbare Gas-Ziel 2030 von 5 TWh um das ca. 10-fache. Durch den vorgesehenen Ausbau an Wind und Photovoltaik und damit höheren Potenzialen für Wasserstoff kann das technische Potenzial für Grünes Gas bis 2040 auf 93 TWh ansteigen. Bei konsequenter Nutzung und Umsetzung kann der gesamte Gasbedarf in Industrie und Haushalten mit Biogas aus Österreich ersetzt werden.
Ausreichend Ressourcen an Biomasse seien vorhanden, um den Bedarf zur Gänze mit heimischen Biomethan zu decken. Haselauer: „Es gibt sehr detaillierte Konzepte, wie Biomasse in großem Maßstab genutzt werden kann.“ Mit mehr als 170.000 landwirtschaftlichen Betrieben und 1,3 Millionen Hektar Agrarfläche fallen in Österreich enorme Mengen an landwirtschaftlichen Abfällen an. Der Biomasse-Verband hat gemeinsam mit der Gaswirtschaft die entsprechenden Massepotenziale geprüft, die für den Methanisierungsprozess zur Verfügung stehen. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass Biomasse das Potenzial hat, um mindestens die Hälfte des heute verwendeten Gasbedarf Österreichs in Zukunft zur Gänze mit grünem Gas zu decken.
Zur Methan-Erzeugung können viele biogene Reststoffe herangezogen werden. Konkret geht es hier um Gülle, Speisereste, Schadholz oder aber auch Produktions- und Erntereststoffe aus der Landwirtschaft, die sonst keine Verwendung finden. Weiterer positiver Nebeneffekt: Durch deren Nutzung werden klimaschädliche Gärgase vermieden – die Veredelung in Biomethan wirkt noch einmal positiv für den Klimaschutz. Die Erzeugung von Biomethan tritt also in keinerlei Konkurrenz zu anderen Biomasse-Nutzungen, wogegen etwa Holz-, Hackschnitzel- und Pelletsheizungen mit der Papier- und Zelluloseindustrie um den Grundstoff Holz in Konkurrenz stehen.
Wasserstoff ist grünes Gas
Neben Biomasse hat auch Wasserstoff wertvolles Potenzial, um zum Gelingen der Energiewende beizutragen. Künftig wird Wasserstoff in immer größeren Mengen zur Verfügung stehen, indem Überschuss-Strom aus Solar- und Windanlagen für den Betrieb von Elektrolyseuren genutzt wird. Wenn Wasserstoff aus einer grünen Produktionen kommt, ist er ebenfalls CO2-neutral.
Wasserstoff kann als wichtiger Grundstoff für die Industrie genutzt werden und gewinnt als flexibler Energieträger zunehmend an Bedeutung. Der in Elektrolyse gewonnene Wasserstoff kann auf viele Arten verwendet werden – als Direkteinspeisung ins Gasnetz, in Brennstoffzellen für die Strom- und Wärmegewinnung oder nach einem weiteren Verarbeitungsschritt methanisiert und zum Beispiel gespeichert werden.
Österreich verfügt über eine hervorragend ausgebaute Gasinfrastruktur. Dazu gehören 44.000 Kilometer Gasleitungen, die an großvolumige Gasspeicher angebunden sind. Schon heute sind rund 300 Biogasanlangen in Betrieb. Weitere können jederzeit angeschlossen werden. „Das bestehende System, das für die Versorgung mit Erdgas errichtet wurde, funktioniert genauso für grünes Gas“, so Haselauer abschließend.
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