Neo-Generaldirektor Andreas Oberascher spricht im Interview* mit der Austrian Roadmap 2050 über seine Visionen und warum es für die Autoindustrie nur einen Weg gibt: die E-Mobilität.

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Roadmap: Seit 1. April sind Sie bei Ford Austria als Generaldirektor in Amt und Würden. Was sind ihre Visionen?

ANDREAS OBERASCHER: Zuallererst bin ich dankbar, dass ich von unserem Konzern das Vertrauen bekommen habe, hier als lokal verankerter Manager nachfolgen zu dürfen. Wir befinden uns seit mehreren Jahren in einer sehr spannenden Entwicklung in der Automobilbranche, die von extremen Umbrüchen gekennzeichnet ist. Unsere Kunden, unseren Handel und uns als Marke durch diese Zeit zu führen, ist was mich herausfordert, anspornt und antreibt.

Meine Vision ist es diese Veränderungen, die uns bevorstehen, aktiv anzunehmen und auch positiv darauf einzugehen. Rein subjektiv glaube ich, dass Veränderung immer sehr vielen Angst und Sorge bereitet. Speziell wenn der Status quo eigentlich positiv ist – wie auch zum Glück der unserer Kunden, Marke und Händler. Dieses Phänomen birgt aber das Risiko, dass Veränderung schwierig zu erwirken ist. Gerade in der jetzigen Zeit des Klimawandels, der Mobilitätswende, der Digitalisierung und der Automatisierung gibt es viele Bereiche, die eine sehr große Veränderungsbereitschaft fordern. Das ist der Punkt, wo ich jetzt ansetzen möchte. Ich sehe diese Themen als positive Herausforderungen, die ich in den nächsten Jahren vorantreiben möchte.

RM: Sie haben Veränderungen wie die Digitalisierung angesprochen. Ford ist mit Google eine Partnerschaft eingegangen. Wie digital ist die Automobilzukunft?

OBERASCHER: Voll digital, da gibt es nur eine Richtung. Deswegen ist es für die Branche wahrscheinlich auch so ein schwieriges Thema: Wir sind von einer klassischen Industriebranche von mechanischen Produkten seit vielen Jahren am Weg zu einer voll digitalen Industrie. Dieser Weg ist ungebrochen. Durch die Digitalisierung und die Vernetzung der Fahrzeuge mit uns, den Händlern und untereinander sind wir auf dem Weg zu einer permanenten Interaktion. Zu einem permanenten Informationsaustausch zwischen uns, unserem Produkt und unserem Kunden.

RM: Stichwort ‚Vernetzung‘: FORDLiive soll in ganz Europa eingeführt werden. Welchen Vorteil ziehen Kunden aus diesem Produkt?

OBERASCHER: Der Vorteil ist der Service beziehungsweise die Dienstleistung, die mit der Vernetzung unserer Produkte zu tun hat. Im gewerblichen aber auch im privaten Sinne – wobei wir als Marke sehr stark im Gewerbe- und Nutzfahrzeugbereich verankert sind.

Seit 01.04.2021 bekleidet Andreas Oberascher das Amt des Generaldirektors der Ford Motor Company (Austria). Foto GmbH Ford Motor Company (Austria) GmbH

Wir sind sehr stolz, dass wir mittlerweile die Nummer Eins in Österreich sind – die meistverkaufte Nutzfahrzeugmarke am Markt. FORDLiive ist ein Produkt, dass das Uptime-Management, also die aktive Fahrzeit und Nutzung optimieren soll. Vor allem im gewerblichen Bereich für unsere Nutzfahrzeuge. Wir wollen jede Standzeit aufgrund von Reparatur, Service und Wartungsarbeiten minimieren, damit sie eine profitable Möglichkeit, sowie einen Zeitgewinn für den Kunden darstellt. Da schließt sich wieder der Kreis: Die Vernetzung der Fahrzeuge trägt hierzu bei. Diese Informationen werden alle im Hintergrund ausgetauscht und der Kunde kann aktiv informiert werden, wenn ein Produkt zum Service muss, oder wenn Teile getauscht werden müssen. Die fehlenden Teile werden im Vorhinein bestellt und sind bereits lagernd. Dadurch wird die Standzeit des Fahrzeuges deutlich minimiert. All das soll für den Kunden möglichst wenig wahrnehmbar stattfinden. Er kriegt nur die Information frühzeitig, wann er wo einen „Check-in“ machen muss – am besten während der normalen Betriebswege. Somit wird sichergestellt, dass der Kunde am effizientesten seiner Tätigkeit nachgehen und sich auf unsere Produkte verlassen kann. Die Verlässlichkeit, Planbarkeit und die Beständigkeit: Das sind die Stärken, die wir jetzt schon haben. Die wir ausbauen wollen, damit wir unsere Position als Nummer Eins langfristig halten können.

Wir sehen uns als ganzheitlicher Mobilitätsanbieter, speziell im gewerblichen Bereich. Gerade wenn wir auch in Richtung Zukunft denken, ist dies ein Zweig, der auch aufgrund der Digitalisierung absolut essenziel ist und weiterhin Bestand haben wird.

RM: Ford will sein Pkw-Angebot bis 2030 auf E-Mobilität komplett umstellen. Wie viel Mustang steckt dann noch in einem E-Mustang?

OBERASCHER: Die E-Mobilität ist auch für unseren Konzern das Gebot der Stunde. Wir sind verpflichtet, laut den gesetzlichen Rahmenbedingungen der EU in diese Richtung zu gehen. Die Vorgaben sind aufgrund der Klimaziele so gesetzt, dass man relativ wenig Zeit hat, in nicht bereits bestehende Technologien zu investieren. Der Weg zum Ziel ist der Weg der E-Mobilität. Diese brauchen wir in kurzer Zeit, in großem Volumen. Was auch gut und richtig ist, aus dem Aspekt, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Leider verhindert es aber auch ein bisschen, dass andere Technologien in dieser kurzen Zeit weiterentwickelt werden. Da jeder Hersteller seine Investments nur in eine Richtung stecken kann – in dem Fall in die E-Mobilität. Wir haben ein Versprechen abgegeben – zusätzlich zu den bisherigen Ankündigungen – in Europa noch einmal über eine Milliarde Euro zu investieren. Wir wollen auch im wichtigen Produktionsstandort Köln (Anm.: Europazentrale) das erste vollelektrische Volumenmodell nach dem Mach-E, den wir jetzt gerade einführen, ab 2023 an den europäischen Markt zu bringen. Die klare Perspektive lautet: Ab 2026 gibt es nur mehr Modelle mit Plug-in-Hybrid oder vollelektrisch. Und ab 2030 rein vollelektrische Modelle.

Wie viel Mustang steckt dann noch in einem E-Mustang? Wir sind keine „first mover“ in Bezug auf die E-Mobilität. Beim Mach-E haben wir uns bewusst dazu entschieden. Wir haben uns aber auch sehr bewusst damit auseinandergesetzt, dass E-Mobilität ebenso Fahrspaß bedeutet und zu unserer Marke passen muss. Die Entscheidung für ein E- Produkt ist nicht rein rationell. Deswegen setzen wir mit dem Mustang Mach-E ein Zeichen. Unsere Markenwerte und Kern-DNA liegen im Bereich „leistbare Sportlichkeit mit Fahrspaß“. Das ist genau, was wir vermitteln wollen. Der Mach-E ist das perfekte Beispiel. Und wenn man sich die Leistungswerte von elektrifizierten Produkten anschaut und auch die ersten Fahrergebnisse – wir sind da aktuell mitten in der Markteinführung – ist er uns auch, glaube ich, ganz gut gelungen.

FORDLiive an – ein neues, vernetztes Betriebszeitsystem, das Ford-Nutzfahrzeugbetreibern helfen soll, ihre Produktivität zu steigern, indem sie die Betriebszeit ihrer Fahrzeuge maximieren. Foto: Ford

RM: Wie sieht die E-Strategie von Ford Austria mittel- und langfristig aus?

OBERASCHER: Sie ist getrieben durch die Vorgaben, die ich vorher erwähnt habe. Wir sind im Wandel. Es ist wirklich wichtig, dass wir sowohl aus Herstellersicht, aber auch von den gesellschaftlich Vorgaben her, E-Mobilität greifbar und begehrlich machen. Wenn die Kunden nicht aktiv diese Produkte haben wollen, dann haben aus meiner Sicht alle Beteiligten den Job nicht richtig gemacht.

RM: Wie sehen Sie Alternativen wie Wasserstoff – ist das auch ein Thema für Ford?

OBERASCHER: Die Geschwindigkeit der EU-Vorgaben, um die Klima- und die CO2-Ziele zu erreichen, macht es fast unmöglich. Wasserstoff wäre absolut eine Alternative und es ist nicht unähnlich von einem E-Antrieb. Die Energiegewinnung ist nur eine andere. Es geht um die hohen Investitionen, die getätigt werden müssten. Und ich sehe nicht nur in Österreich wenig Entwicklung, in diesem Bereich auch Energie- und Tankstellennetze sicher zu stellen. Der Zug fährt schon sehr in die Richtung der E-Mobilität.

RM: Wie muss Infrastruktur beschaffen sein, um die Klimaziele beziehungsweise volle E- Mobilität bis 2050 zu erreichen?

OBERASCHER: Die Antwort sprengt wahrscheinlich den Rahmen dieses Interviews. Alles entwickelt sich sehr schnell: Ladenetze optimieren und Ladezeiten reduzieren sich, die Batterieszene wächst rasant schnell.

Die Basis für den Erfolg ist, dass Mobilität grundsätzlich neu gedacht werden muss. Es gibt große Unterschiede, wenn man sich in Österreich umsieht, zwischen urbanen und ländlichen Räumen. Bei letzterem ist Wien das beste Beispiel: In der Stadt gibt es viele Gründe kein individuelles Fahrzeug zu besitzen. Sowohl private als auch öffentliche Mobilität muss in den kommenden fünf bis zehn Jahren wirklich grundlegend anders gedacht werden. Daraus ergeben sich dann jeweils die Implikationen und die Anforderungen an die jeweiligen Bereiche. Ob man jetzt von globalen Metropolen spricht, oder eben vom ländlichen Gebiet. Hier gibt es sehr viele verschiedene Anforderungen. Doch für alle gibt es gute und greifbare Möglichkeiten, starke Akzente zu setzen. Und das muss gemeinsam passieren. Das Wichtigste ist, dass von Regierungsseite, aber auch von den Herstellern und allen Partnern, die hier im Boot sitzen, ein gemeinschaftlicher Weg gesucht wird, die Klimavorgaben und auch die Nachhaltigkeit dieser Aktionen im Mittelpunkt zu behalten.

* Das Interview in voller Länge sehen Sie im Video

Über Andreas Oberascher:

Der gebürtige Salzburger Andreas Oberascher begann seine berufliche Karriere bei Ford im Jahr 2004. Seitdem war der 43-Jährige in den unterschiedlichsten Funktionen im Vertrieb und Marketing, sowohl in Österreich als auch in Europa tätig: Oberascher zeichnete bisher unter anderem als Coordinator European Sales Operations für Ford Europa in Köln, danach als Marketing Director für Ford Austria verantwortlich und fungierte hier zuletzt als Operations Director.

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