ARA-Vorstand Dr. Harald Hauke spricht im Interview mit der Austrian Roadmap 2050 über den Einfluss der Pandemie auf die Kreislaufwirtschaft, das Einwegpfandsystem und wagt einen Blick in die grüne Zukunft.

Austrian Roadmap2050: Wie steht Österreich im internationalen Vergleich bezüglich Kreislaufwirtschaft da und welchen Einfluss hat die Pandemie?

DR. HARALD HAUKE: Was die Recyclingquoten betrifft, gehört Österreich zu den besten Nationen Europas. Wir haben heute schon für die Verpackungsmaterialien Papier, Metall und Glas die Ziele des Kreislaufwirtschaftspakets 2030 erreicht und sind unserer Zeit voraus. Wir wissen auch, dass die Österreicher und Österreicherinnen zu den trennintensivsten Nationen gehören. Die Pandemie wirkt wie ein Beschleuniger. Viele haben verstanden, dass die Kreislaufwirtschaft nicht im Abfall entsteht, sondern im Produkt.

ARM2050: Welche Investitionen müssen getätigt werden beziehungsweise was ist notwendig, um Nachhaltigkeit zu etablieren?

HAUKE: Einen wichtigen Punkt sehen wir im Bereich Verpackungsgestaltung. Bei Kunststoff müssen wir die Recycling-Menge noch verdoppeln. Hier geht es um „Circular Design“. Wir müssen Kunststoffverpackungen so designen, dass sie sich gut für Recycling eignen. Ganz wichtig sind auch die Erfolgsfaktoren Nähe und Convenience. Je näher der nächste Sammelcontainer für Kunststoff ist, desto eher wird er von der Bevölkerung genutzt. Ein weiterer Punkt ist das Thema Umweltbildung. Wir beginnen bereits in den Volksschulen, die Kinder durch Umweltbildung zu sensibilisieren. Dann gibt es noch das Thema Digitalisierung. Eine Gfk-Studie im Auftrag der ARA hat gezeigt, dass vor allem große Unternehmen in den nächsten Jahren intensiv in die Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft investieren. Die kleinen Unternehmen – bedingt durch die Pandemie – haben mit wesentlich mehr Problemen zu kämpfen. Auch Mittel für Investitionen sind nicht mehr so verfügbar, wie es noch im Jahr 2019 der Fall war.

ARM2050: Wie kann man da entgegensteuern?

HAUKE: Es geht um Information, aber auch um Unterstützung durch Förderprogramme. Unternehmen müssen verstehen wie wichtig die Auseinandersetzung mit den Themen Digitalisierung, Abfallströme und Wertschöpfung ist. Gefordert ist hier auch die Politik, die spezielle Förderprogramme zur Verfügung stellen muss, um die Kreislaufwirtschaft in Unternehmen voranzubringen.

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ARM2050: Ein immer diskutiertes Thema: das Einwegpfandsystem. Wie passt das ins Gesamtkonzept der Kreislaufwirtschaft?

HAUKE: Alle, die dieses Thema diskutieren, verfolgen dieselben Ziele: Die Kreislaufwirtschaft in Österreich zu forcieren. Aus unserer Sicht reicht ein Einwegpfandsystem nicht aus, um die Kreislaufwirtschafts-Ziele 2030 zu erreichen. Wir müssen bis 2030 zirka 90.000 Tonnen mehr Kunststoffe in Österreich recyceln. Ein Einwegpfandsystem hat nur das Potenzial für 8.000 Tonnen. Von den 90.000 Tonnen, die wir brauchen, haben wir nicht einmal 10 Prozent abgedeckt. Wir brauchen andere Maßnahmen. Es reicht nicht, zum bestehenden System ein Parallelsystem aufzubauen. In Österreich haben wir ein sehr gutes hochentwickeltes Sammelsystem. Dieses wollen wir weiter ausbauen. Im Gewerbebereich sehen wir zirka 50.000 Tonnen Potenzial an Kunststoffen, die nicht gesammelt werden, sondern in Restmüll übergehen. Wir brauchen neue Sortieranlagen, Lösungen für recyclingfähige Verpackungen und neue Einsatzgebiete für Recyclingmaterial.

ARM2050: Sie starteten die Aktion „Tour des Zuhörens“ – welches Ziel haben Sie damit verfolgt und welchen Eindruck haben Sie gewonnen?

HAUKE:  Auf der einen Seite, dass viele Kunden aufgrund der Pandemie-Situation wirtschaftlich unter Druck sind. Die GfK-Studie zeigt auch, dass die wesentlichen Hindernisse bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft oft in der komplexen Gesetzgebung liegen. Das Thema Verpackung ist nicht immer das Kerngeschäft unserer Kunden. Wir haben auf die pandemiebedingten ökonomischen Herausforderungen für Österreichs Unternehmen rasch reagiert. Durch konsequente Optimierungen im operativen System konnten wir Steigerungen in den Lizenztarifen vermeiden. Es gibt für 2021 keine Tariferhöhungen und somit keine zusätzlichen Belastungen für Unternehmen.

ARM2050: Was wünschen Sie sich von der Politik?

HAUKE:  Dass das Kreislaufwirtschaftspaket zeitnah in österreichisches Recht umgesetzt wird: Ob Pfand eingeführt wird, oder nicht. Und wie eine Gewerbesammlung in Zukunft aussehen kann. Je früher wir klare Entscheidungen vom Gesetzgeber haben, desto leichter ist es für uns, die Weichen zu stellen und die Schritte für die nächsten Jahre festzulegen.

ARM2050: Wie grün sind Österreichs Unternehmen 2050?

HAUKE: Das ist eine schwierige Frage. Green Deal bedeutet, dass wir bis 2050 Klimaneutralität erreichen, ohne weiteres Naturkapital zu verbrauchen. Wir benötigen dazu eine neue Wachstumsstrategie, die streng an den planetaren Grenzen auszurichten ist. Österreich wird und kann hier Impulsgeber sein.

Über Dr. Harald Hauke

Der Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ist seit 2012 Geschäftsführer der ARA Tochter Austria Glas Recycling und darüber hinaus seit 2018 Geschäftsführer von ARAplus, der Vertriebs- und Servicemarke der ARA. Davor arbeitete er zwanzig Jahre in der Wirtschaft, vorwiegend in multinationalen Unternehmen, zuletzt als Global Customer Director bei Nestlé. Neben seiner Tätigkeit in der ARA fungiert Harald Hauke auch Mitglied des Vorstands beim Kreditschutzverband von 1870.

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